Mahlers und Berlioz’ Bekenntnisse müssen schon feuriger sein
Gustavo Dudamel leitete die Philharmoniker auffallend ruhig.
Was haben das Adagio von Mahlers „Zehnter“und Berlioz’ „Symphonie fantastique“gemeinsam? Beide künden von unerfüllten und enttäuschten Leidenschaften der Komponisten. Zugleich sind sie höchst unterschiedlich in Aufbau und Stil. Eine Herausforderung also für Gustavo Dudamel, der dieses Jahr die Wiener Philharmoniker zu ihrer traditionellen New-York-Woche begleiten wird. Noch dazu, wo man mit den Werken intensive Wiener philharmonische Erinnerungen verbindet. Bei Mahler jene Aufführung, mit der Bernstein den neu renovierten Großen Saal des Konzerthauses eröffnete. Bei Berlioz ein Abonnementkonzert unter Colin Davis Ende der 1980er-Jahre.
Und diesmal, im Großen Musikvereinssaal, beim zweiten Konzert des Goldenen Musikvereinsabonnements? Auffallend, wie ruhig Gustavo Dudamel das Orchester leitete, wie minimalistisch seine Gestik geworden ist. Ein Beweis auch dafür, wie gut die Korrespondenz mit dem Orchester mittlerweile funktioniert. Oder hätte er doch mehr Energie erkennen lassen sollen? Vor allem der einleitend musizierte Mahler gelang nur sehr beiläufig, ließ Klarheit in den Konturen, souverän genommene Übergänge vermissen. Die schmerzliche Tragik des Stücks wurde nicht einmal ansatzweise deutlich.
Auch bei Berlioz blieb vieles oberflächlich. Dudamel zielte auf Transparenz, was ihm das bestens gestimmte Orchester auch bot. Die Herausarbeitung der inhaltlichen Sphären schien Nebensache. Zudem fehlte Dudamel die Kraft, sie zu einem spannenden Bogen zusammenzuführen. So effektvoll er den Finalsatz disponierte – selbst hier fehlten noch zündende Leidenschaft und Dramatik. (dob)