Wenn das eigene Herz nicht mehr richtig schlägt
Durch eine neue Form der Organspende und moderne Technologien soll dieses Jahr die Zahl der Transplantationen steigen.
Die Transplantationsmedizin befindet sich im Wandel. Zu viele Menschen brauchen ein neues Organ, zu wenige kommen als Spender infrage. Wurden Organe bisher nur von Patienten entnommen, bei denen bereits der Hirntod eingetreten war, setzen sich Transplantationsmediziner weltweit vermehrt für die sogenannte DCD-Spende (engl. donation after circulatory death) ein, der Organspende nach dem Herzstillstand.
Diese betrifft Patienten, die zwar nicht hirntot sind, deren Kreislauf aber nur noch künstlich aufrechterhalten werden kann, ohne Aussicht auf Besserung. In diesen Fällen können die behandelnden Intensivmediziner gemeinsam mit den Angehörigen entscheiden, die lebenserhaltenden Maßnahmen einzustellen. Ist diese Entscheidung getroffen, kann eine DCD-Spende erwogen werden. Dabei lassen die Ärzte den Kreislauf unter kontrollierten Bedingungen und meist im Beisein der Angehörigen zum Stillstand kommen. Anschließend wird abgewartet, bis der Hirntod eintritt, danach können Organe entnommen werden.
Andreas Zuckermann ist Professor für Herzchirurgie an der Medizinischen Universität Wien und Präsident der Österreichischen Transplantationsgesellschaft. Er will heuer die ersten DCD-Herzen im Wiener AKH transplantieren und sieht große Chancen in der neuen Methode.
Lange Transportwege möglich
Optimal ergänzt wird die DCDSpende durch moderne Technik: ein relativ neues Gerät, das sogenannte Organ Care System (OCS), kann das Herz in der Zeit, in der es sich außerhalb des Körpers befindet, ausreichend mit Sauerstoff versorgen. Wird das entnommene Organ durchblutet, beginnt es selbstständig zu schlagen. Während den Ärzten aufgrund des Sauerstoffmangels eines nicht durchbluteten Herzens normalerweise nur drei bis vier Stunden Zeit bleibt, um das Organ zu verpflanzen, ermöglicht das Gerät lange Transportwege.
Gleichzeitig kann auch überprüft werden, wie gut das Herz arbeitet und seine Funktion nachträglich verbessert werden. Im AKH ist derzeit ein solches Organ Care System in Verwendung, die Kosten sind mit rund 30.000 Euro pro Einsatz hoch. „Herzen, die wir uns normalerweise nicht zu verwenden trauen, können damit aber brauchbar gemacht werden“, betont Andreas Zuckermann. „Wir sehen es als unsere Aufgabe, durch gute Ergebnisse aufzuzeigen, dass sich die Kosten durchaus lohnen.“
Die Organfunktion erhalten
An der Med-Uni Wien hat sich deshalb eine Forschergruppe etabliert, die an Möglichkeiten arbeitet, die Funktion der Organe über den Tod des Spenders hinaus bestmöglich zu erhalten. Durch das OCS könnte es sogar möglich sein, Schäden wie verkalkte Koronararterien nach der Organentnahme zu reparieren. Von besonderem Interesse ist für die Mediziner auch die sogenannte warme Ischämiezeit, die Zeitspanne zwischen Herzstillstand und Entnahme aus dem Körper, und wie man das Herz in dieser Zeit am besten schützen kann.
Strenge Kriterien und Richtlinien, wie auch der Hirntod als bisherige Voraussetzung für Organspende, sollen moralische Dilemmata vermeiden. Obwohl in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern viel transplantiert wird, wächst jedoch das Missverhältnis zwischen Bedarf und Angebot. Immer wieder versterben Menschen, während sie auf ein neues Herz warten.
Ein neues Spenderprofil
Der Grund dafür nimmt sich makaber aus: Waren in früherer Zeit die typischen Organspender junge, gesunde Unfallopfer, hat sich das Spenderprofil gewandelt. Durch höhere Sicherheit im Straßenverkehr etwa sind es nun meist Patienten mittleren Alters, die an Hirnblutung oder Schlaganfall versterben und deren Herzen meist durch Bluthochdruck vorgeschädigt sind. Viele müssen abgelehnt werden. „Die Länge der Warteliste hat die Zahl der Angebote inzwischen weit überholt“, so Zuckermann. Die derzeit herrschenden strengen Richtlinien bei der Auswahl infrage kommender Organspender könne man sich angesichts der langen Wartelisten eigentlich nicht mehr leisten.
Durch die neue Form der Organspende in Verbindung mit der Technologie des OCS werden aber laut Andreas Zuckermann in Österreich in Zukunft mehr Herzen erfolgreich transplantiert werden können.