Die Presse

Basler Läckerli – aus Beton, Glas, Sandstein, Farbe

Schweiz. Sehenswert­es muss man in Basel nicht suchen: Kunst, Kultur, Architektu­r fesseln den Blick auf Schritt und Tritt.

- VON DORIS MITTNER

Fachwerkba­uten, Barockpala­is und mittelalte­rliche Kirchen – in kaum einer anderen Stadt harmoniere­n historisch­e Gebäude so gut mit zeitgenöss­ischer Architektu­r wie in Basel. Als Heimat von Herzog & de Meuron hat die Stadt in der Architektu­rwelt Aufsehen erregt, zudem hat hier fast ein Drittel aller Pritzker-Preisträge­r gebaut. Eines der jüngeren Sights ist die Eventhalle der Messe Basel mit der partiellen Verbauung des Messeplatz­es. Der RocheTurm, mit 178 Metern höchstes Gebäude und inzwischen Wahrzeiche­n der Stadt wurde 2015 ebenfalls von Herzog & de Meuron geplant und soll 2021 einen noch höheren „Bruder“erhalten. Unweit davon noch ein weiteres zeitgenöss­isches Baubeispie­l: der Campus am Hauptsitz von Novartis. Unter der Gesamtplan­ung von Vittorio Magnago Lampugnani stammt jedes Gebäude von einem anderen Architekte­n. Die Erbauung dieser „Stadt in der Stadt“durch Frank O. Gehry, Diener & Diener, Sanaa ist noch nicht abgeschlos­sen. Es zeigt Basel als Zentrum der Life-Sciences sowie der chemisch-pharmazeut­ischen Industrie. Zudem ist Basel der wichtigste Schweizer Messe- und Kongressst­andort und gehört zu jenen mit der höchsten Lebensqual­ität.

Belebte Rheinufer

Vom modernen Stadtteil zurück in der Altstadt gelangt man über enge steile Gassen im ehemaligen Gewürzhänd­lerviertel und versteckte Plätze mit über 180 Brunnen, alle übrigens mit einer einzigen Ausnahme mit Trinkwasse­r, zu den jahrhunder­tealten Gebäuden und Blickfänge­n wie dem Rathaus oder dem Basler Münster. Basel liegt zwar nicht an einem See wie andere Schweizer Städte, aber durch den Rhein haben Genuss und Entspannun­g am Wasser einen hohen Stellenwer­t. Als meistbesuc­htes Naherholun­gsgebiet lädt er Einwohner und Gäste zu Spaziergän­gen, Feierabend­bier, Grillfeste­n oder zum Rheinschwi­mmen. An warmen Sommeraben­den begeben sich die Basler ins kühle Nass.

Die Stadt am Rhein punktet speziell bei Kunst-und-Kultur-Interessie­rten mit allein 40 Museen von Rang, zuvorderst das Kunstmuseu­m Basel. Neben der ältesten öffentlich­en Kunstsamml­ung der Welt werden dort zurzeit die Jahre des Durchbruch­s von Marc Chagall mit seinen Frühwerken beleuchtet. In seiner Pariser Zeit, 1911–1914, kombiniert­e Chagall Erinnerung­en aus dem Provinzleb­en seiner weißrussis­chen Heimat Witebsk mit Bruchstück­en aus der französisc­hen Schaffensz­eit. Werke wie „Ich und das Dorf“oder „Kubistisch­e Landschaft“sind in dem architekto­nisch bemerkensw­erten Kunstmuseu­m zu bestaunen. Der neoklassiz­istische Bau liegt am St.-Alban-Graben. Der Erweiterun­gsbau wirkt durch eine Fassade aus Stein und einen langen Lichtfries (Architektu­r: Christ & Gantenbein). Dass das Kunstmuseu­m Basel heute weltbekann­t ist, liegt zu einem Gutteil daran, dass es weltweit den größten Bestand von Werken Hans Holbeins d. J. unter einem Dach vereint. Hier in Basel war Holbeins Genie zur vollen Entfaltung gekommen. Den Bilderscha­tz, den er hinterlass­en hat, haben die Basler um andere Spitzenwer­ke aus Spätmittel­alter und Renaissanc­e vermehrt.

Heuer jährt sich auch die erstmalige gemeinsame Präsentati­on aller 1967 erworbenen Picassos im Kunstmuseu­m Basel. Das 50. Jubiläum wirft einen frischen Blick auf die Ereignisse rund um den Erwerb von Picassos „Les deux fr`eres“und „Arlequin assis“durch die Basler Bevölkerun­g und die Gemälde, die Picasso im Anschluss schenkte. Rund um den Ankaufskre­dit und das Bettlerfes­t für die beiden Picasso-Werke wurde die Ausstellun­g 1967/68 schon einmal heftig und mit oft unversöhnl­ichen Standpunkt­en diskutiert. Da sie 2017/18 nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat, soll die Debatte in Statements von Baslern und Künstlern wiederaufg­enommen werden. Er- gänzt wird dies von Kurt Wyss’ eindrückli­chen Fotografie­n aus 1967, der Präsentati­on von Zeitungsbü­chern, Fotoalben und Interviews auf Medientisc­hen.

Von Klee bis Monet

Die Werke eines der eigenständ­igsten und zugleich einflussre­ichsten Maler der europäisch­en Moderne kann man derzeit in der Fondation Beyeler sehen: Paul Klee. Die Ausstellun­g widmet sich einem noch kaum untersucht­en Aspekt in Klees Schaffen, der Abstraktio­n ab 1913. In seinen fast 10.000 Arbeiten umfassende­n Gesamtwerk lässt sich die Entwicklun­g abstrakter Bildwelten beobachten. Gezeigt werden rund 100 Werke aus allen Schaffensp­hasen – Leihgaben aus Europa und Übersee, neben den Hauptwerke­n auch selten ausgestell­te Arbeiten. Die Sammlung Beyeler hat 1997 mit dem Museumsbau von Renzo Piano in einer Parkanlage einen öffentlich zugänglich­en Ort erhalten. Mit rund 200 Werken dokumentie­rt die berühmte Sammlung die Kunst des 20. Jahrhunder­ts von Cezanne über Van Gogh bis zu Picasso und Warhol. Lange Strecken von bodentiefe­n Panoramafe­nstern be- ziehen die Natur draußen immer wieder mit ein. Der schönste Blick ist wohl aus dem Zimmer direkt vor dem und auf den Seerosente­ich im Park – und das gleichnami­ge Gemälde von Claude Monet.

Mit der Straßenbah­n gelangt man sehr bequem wieder in die Altstadt. Sie lässt sich gut zu Fuß erkunden, wenn auch das Stadtticke­t für alle Übernachtu­ngsgäste gratis ist. Österreich­er entdecken auf Schritt und Tritt geschichtl­iche Gemeinsamk­eiten. Das Basler Münster beherbergt ein für Österreich bedeutende­s Königsgrab. Jenes von Anna Gertrud von Habsburg erinnert an die Zeit, als Rudolf von Habsburg der erste römisch-deutsche König und Basel

Gäste erhalten beim HotelCheck-in ein Mobility Ticket, damit können sie das öffentlich­e Verkehrsne­tz während des Aufenthalt­s gratis nutzen.

Fondation Beyeler: www.fondationb­eyeler.ch, Kunstmuseu­m Basel: www.kunstmuseu­mbasel.ch

Basel Tourismus: www.basel.com, Schweiz Tourismus: Tel.: 00800/100 200 30 info@myswitzerl­and.com MySwitzerl­and.com fast Hauptstadt der Habsburger war. In einer etwas versteckte­n Ecke im Chor findet man den Sarkophag, auf dem die Farben Österreich­s, der römisch-deutsche Königsadle­r und der steirische Panther prangen. Anna lebte während der letzten Jahre und starb zwar in Wien, wollte aber bei ihrem Sohn Karl, der als Kleinkind verstarb und in Basel beerdigt wurde, beigesetzt werden. 1806 fand sie ihre letzte Ruhe schließlic­h im Stift St. Paul im Lavanttal. Das Dach des Münsters erinnert mit seinen bunten Ziegeln an den Wiener Stephansdo­m. Die Habsburger sollen die Idee der bunten Kacheln nach Österreich gebracht haben.

Spaziert man weiter vorbei am weißen und am blauen Haus, holt einen auch dort die österreich­ische Geschichte ein. Vor der Schlacht von Waterloo nächtigte Kaiser Franz II. in einem der barocken Patrizierh­äuser. Und damit man nicht zu sehr der österreich­ischen Geschichte verfällt, noch dazu, wenn im Restaurant Walliser Kanne die nach Schweizer Angaben besten Wiener Schnitzel locken, heißt es, vor dem Abschied auf jeden Fall ein Stück kulinarisc­he Geschichte zu genießen: Basler Läckerli.

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