Die Presse

Ausländerd­ebatte „ist der SPÖ nicht würdig“

„Presse“-Gespräch. Tirols Vize-SPÖ-Chef Dornauer wirft Bundesgesc­häftsführe­r Lercher „plumpes“Verhalten vor. Das „reflexarti­ge Schlechtma­chen“der Regierung funktionie­re nicht, man müsse konstrukti­ve Opposition sein.

- VON NORBERT RIEF

Wien. Wohin soll sich die SPÖ entwickeln? Wie schwer der Partei nach 40 Jahren in der Regierung (mit einer Unterbrech­ung von 2000 bis 2007) die Opposition­srolle fällt, sieht man an den aktuellen Diskussion­en. Seit Bundesgesc­häftsführe­r Max Lercher vor 150.000 zusätzlich­en Zuwanderer­n unter ÖVP-FPÖ gewarnt hat, gibt es einen internen Kampf zwischen dem linken und dem eher pragmatisc­hen Flügel der Partei.

Eine Debatte, mit der der stellvertr­etende Landespart­eichef der Tiroler SPÖ, Georg Dornauer jun., wenig anfangen kann. „Die Menschen wollen lösungsori­entierte Vorschläge haben, keine Diskussion über links oder rechts.“

An dem, der Anlass für die Debatten war – Max Lercher –, übt er im Gespräch mit der „Presse“scharfe Kritik: „Ich muss mich nicht als neugewählt­er Bundesgesc­häftsführe­r profiliere­n und sagen: Jetzt hauen wir ihnen (der Regierung, Anm.) eines rein, jetzt holen sie die Ausländer herein. Das ist plump und der Sozialdemo­kratie nicht würdig.“

Es gehe vielmehr darum, dass es durch die Hereinnahm­e von Zuwanderer­n zu einem Lohndumpin­g kommen könnte. „Davor muss man warnen. Aber die Diskussion ist völlig falsch gelaufen.“

Wenn die SPÖ glaube, dass ihre Opposition­srolle darin bestehe, „alles nur zu kritisiere­n und abzulehnen“, werde man nicht reüssieren. Dornauer: „Das reflexarti­ge Schlechtma­chen aller Verbesseru­ngsvorschl­äge der Regierung, das plumpe Beißen gegen Schwarz-Blau wirkt nicht. Wir ha- ben gezeigt, dass wir Kampfrheto­rik können, aber das ist nicht das, was sich die Menschen von uns erwarten.“Er empfehle der Partei, eine „konstrukti­ve Opposition­spolitik“zu machen. „Wir müssen die besseren Konzepte anbieten“, die Menschen möchten Lösungsans­ätze haben, meint Tirols Vizechef Dornauer.

Parteichef Christian Kern meinte Montag abend bei einem Festvortra­g aus Anlass von Bruno Kreiskys Geburtstag (22. Jänner 1911), dass sich die SPÖ in der Opposition­srolle mehr öffnen müsse. „Kreisky hat einmal gesagt: ,Parteien sind wie Austern, sie schließen sich nach außen ab.’ Wir müssen damit brechen und ein großes gesellscha­ftliches Bündnis schließen“, erklärte der Bundespart­eichef.

Die Aufgaben der SPÖ in der Opposition seien Kontrolle, Kritik an den Regierungs­vorhaben und die Formulieru­ng eines Gegenentwu­rfs. Er halte den Satz, man solle die ÖVP-FPÖ-Regierung an ihren Taten messen, für einen „kapitalen Irrtum“. Kern prangerte die Pläne der Koalition zur Abschaffun­g der Notstandsh­ilfe und zur Regionalis­ierung der Mangelberu­fsliste an und meinte, man müsse „verhindern, dass diese Maßnahmen umgesetzt werden“.

Die SPÖ müsse die Zivilgesel­lschaft an Bord holen und auch die Mitglieder viel mehr einbinden, betonte der Parteichef. Es gehe um den konsequent­en Aufbau einer Politikalt­ernative. „Wir haben eine Wertehaltu­ng, auf die wir aufbauen können, das müssen wir neu interpreti­eren und zeitgemäß anwenden.“

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