Wie man Volksvertreter zu Durchwinkdeppen macht
Flächenwidmung: Wenn der Bezirk erlaubt, was der Gemeinderat (noch?) nicht beschlossen hat.
E s wär nicht Wien, könnt ein ordentliches Verfahren nicht doch ziemlich in Unordnung geraten. Wer weiß denn schließlich immer ganz genau, wie mit so einem Verfahren nach Recht und Ordnung zu verfahren wäre. Und da soll’s schon geschehen, dass sich ein Verfahren einigermaßen weit verfährt . . .
Nehmen wir das Flächenwidmungsverfahren am Kirschblütenpark, Wien Kagran, vor Weihnachten schon einmal Gegenstand dieser Kolumne. Der bis Mitte Dezember im zuständigen Bezirksamt zur Stellungnahme aufgelegt gewesene Entwurf eines neuen Flächenwidmungsplans sah gegenüber den erst 2006 beschlossenen Bauhöhengrenzen etliche Ausweitungen vor, gegen die sich eine Initiative von Anwohnern zur Wehr zu setzen suchte. So weit, so verfahrensüblich. Verfahrener erscheint schon, dass sich zum Zeitpunkt der Planauflage an besagter Stelle bereits mindestens ein Rohbau befand, der der Höhe nach nicht der noch rechtsgültigen alten, sondern der erhöhten, noch nicht rechtsgültigen neuen Bauklasse entsprach. Eine Rückfrage bei der Baupolizei brachte Folgendes zutage: Der Bauausschuss des Bezirks habe diese Bauhöhenüberschreitung genehmigt, was der auch dürfe – zumindest „in geringfügigem Maß“.
Einmal abgesehen davon, ob, wie im konkreten Fall, die Erhöhung um ein ganzes Geschoß und also um fast ein Fünftel der eigentlich genehmigungsfähigen Bauhöhe „geringfügig“zu nennen ist: Noch mehr erstaunt, dass Bürger vergangenen Dezember zu Umwidmungen Stellung nehmen durften, die in Teilen vor ihren Fenstern schon in Beton gegossen waren – und dass der Gemeinderat demnächst einen Flächenwidmungsplan beschließen darf, der in ebendiesen Teilen gebautes Faktum ist. Da könnt’s manchem fast scheinen, als wären unsere Volksvertreter nur die Durchwinkdeppen des Systems. Je nun, es wär nicht Wien . . .