Gratis Urlaub für ein paar Klicks?
Werbung. Eine Bloggerin, die kostenlos in einem irischen Luxushotel nächtigen wollte, sorgt für Diskussion. Auch in Wien fragen sich Hoteliers und Wirte, wie sie mit Influencern umgehen sollen.
17 Minuten lang kann man Elle Darby auf Youtube beim Heulen zusehen. Bloßgestellt sei sie worden, von dem irischen Hotelier Paul Stenson. Dabei wollte sie doch nur kostenlos ein paar Nächte in dessen Luxushotel übernachten. Als Dankeschön hatte sie ihm per E-Mail positive Erwähnungen des Hotels auf ihrem Instagram-Account und ihren Youtube-Videos in Aussicht gestellt.
Ein Gratis-Urlaub für ein paar Tausend Klicks und Likes? Stenson lehnte ob der Forderung wütend – und öffentlich – ab, zeigte damit aber auch eine noch relativ junge Problematik auf: Wie sollen Unternehmen mit Influencern umgehen? Jenen meist jungen Menschen, die im Internet auf Youtube, Facebook oder Instagram ihren Followern Produkte oder eben auch Städte, Hotels, Reisen – vorstellen? Ein hübsches Foto auf Instagram gegen eine Gratis–Übernachtung? Wie viel sind ein paar Tausend Likes auf Facebook wert?
Auch in der Wiener Hotellerie sind Influencer ein Thema. „Wir bekommen viele Anfragen von Influencern oder solchen, die sich dafür halten,“, sagt Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung. Man müsse sich daher „genau anschauen, wie viele Follower jemand hat und worüber er sonst berichtet“. Für ihr eigenes Hotel, das Boutiquehotel Stadthalle, kommen etwa nur Influencer in Frage, die sich dem Thema Nachhaltigkeit – das Hotel ist ein Passivhaus – und Green City beschäftigen.
Zur genauen Auswahl der Blogger rät auch Sandra Thier, die mit ihrer Agentur Diego5 angehende und bereits erfolgreiche YouTubeStars berät. Denn ein jugendlicher YouTuber mit entsprechend jungen Followern wird für ein Luxushotel eher kein idealer Partner sein. Ist ein Influencer passend, sagt Thier, „muss auf jeden Fall vorab genau festgehalten werden, was und wie viel gepostet wird. Damit es keine Enttäuschungen danach gibt.“Ein gut ausgewählter ReiseInfluencer könne dann aber einen großen Werbewert haben. „Junge Menschen erreicht man oft nur noch über digitale Kanäle und über Emotion und eine persönliche Geschichte“, sagt Thier.
Bei Wien-Tourismus setzt man schon seit einigen Jahren auch auf Influencer. Allerdings sei die Auswahl keine einfache Aufgabe, sagt Direktor Norbert Kettner. „Provokant formuliert gibt es Schnorrer mit Youtube–Channel, auf die darf man nicht hineinfallen“. Dass „eh jeder“ohne großen Aufwand schon Influencer sein könne, sei aber auch falsch. „Es hat einen riesigen Professionalisierungsschub gegeben. Die reisen mit Kameraleuten und Visagisten an, das ist eine richtige Medienplattform.“
Für gut gemachte Beiträge müsse man sich genau vorbereiten, recherchieren und diese nachbearbeiten, sagt auch Gregor Sideris. „Einfach übernachten und dann Social Media-Postings machen, das bringt keinen Mehrwert für den Kunden.“Sideris schreibt seit 2011 unter theviennablog.com über Reise und Lifestyle und ist im Haupt- beruf Digitalmarketing-Stratege für IBM Europa. 30.000 Besucher hat seine Seite pro Monat, dazu kommen 220.000 Follower auf Instagram und 84.000 auf Twitter. Übernachtungen in österreichischen Hotels wurden ihm immer von Agenturen angeboten. „Diese Hotels sind da sehr professionell, aber nicht überkandidelt.“Dennoch schreibt er nur über Dinge, von denen er schon vorab überzeugt ist. Sollte etwas trotzdem nicht passen, „dann schreib ich nicht drüber. Es müssen nicht 20.000 Leute wissen, wie schlecht meine Meinung über ein Hotel ist.“Für öffentliche Kritik gebe es andere Plattformen mit ausgebildeten Hoteltestern. „Das bin ich nicht, ich bin Generalist.“Sideris kooperiert auch immer wieder mit Wien-Tourismus. Letztere lädt Influencer mehrmals im Jahr ein. So waren im Vorjahr im Rahmen des Life-Balls sieben amerikanische Social-Media-Influencer aus der lesbisch-schwulen Szene zu Gast, die auch über Museen, den Naschmarkt und Wien als homosexuellenfreundliche Stadt berichteten. Die 112 Instagram-Postings dieser Influencer hatten eine Reichweite von über 19 Mio. Menschen, es gab 616.000 Interaktionen.
Wie lehnt man ab?
Vor ein paar Jahren sei auch in der Gastronomie das Thema Blogger verstärkt aufgetaucht, erzählt Heinz Reitbauer vom Steirereck im Stadtpark. Da wurde unter Kollegen diskutiert, wie man damit umgehe. „Wir sortieren Anfragen sehr genau aus, schauen uns das Medium an und laden dann meist zu einem Gespräch.“Dabei könne es zu (mittags) einer Kostprobe von zwei, drei Gängen kommen. Eine unverschämte Anfrage habe er noch nie erhalten, aber durchaus welche, die er (auch aus Zeitgründen) ablehnte. Prinzipiell setzt er aber auf ein Miteinander.
Und wie reagiert WienTourismus auf dreiste Anfragen? „Kühl, aber diskret“, so Kettner. „Man muss sich nicht fürchten. Selbst wenn ein negatives Posting folgt.“Auch dem irischen Hotelier werde seine Ablehnung der Bloggerin nicht schaden.
Junge Menschen erreicht man oft nur noch über digitale Kanäle. Sandra Thier von der Agentur Diego5