Konjunkturbelebung: Bitte Chance nicht verspielen!
Das internationale Wirtschaftswachstum gibt Zeit zum Durchatmen. Wird die Regierung die Erholungsphase richtig nutzen?
Im Wahlkampf betonten die antretenden Parteien, dass nach Jahren der Uneinigkeit, Streiterei und Reformstau in Österreich endlich etwas weitergehen müsse. Viele Wähler sahen das auch so – dachten dabei aber wohl nicht in erster Linie an das Tempo auf Autobahnen.
Die Wirtschaft hatte seit Jahren nicht so recht funktioniert. Die Beschäftigungslage hatte sich bedenklich verschlechtert, und die Einkommen stagnierten. In der Welt rings um uns gingen rapide und teilweise erschreckende Veränderungen vor sich.
Sehr gefragt wären überzeugende Konzepte gewesen – und sie sind es noch –, wie sich die heutige Generation und deren Kinder in einer doch eher immer unruhiger werdenden Umgebung behaupten könnten: in Bezug auf Arbeit, Bil- dung, soziale Verhältnisse, Umwelt und Sicherheit.
Seit Kurzem hat sich daran ziemlich überraschend etwas geändert: Ein schon nicht mehr erwarteter konjunktureller Aufschwung hat eingesetzt, in dem Österreich eine vergleichsweise gute Figur macht. Manche Berufe werden bereits knapp. Die Exportwirtschaft floriert, der Euro scheint stabil, selbst Griechenland bekommt wieder Kredit.
Allerdings finden nicht mehr so gefragte Qualifikationen, ältere Menschen (schon ab 50!) und periphere Regionen nach wie vor nur schwer Arbeit. Die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation kommt zu rasch, als dass sie sich die neue Regierung als Verdienst auf die Fahnen schreiben könnte. Ziemlich bald wird sie das aber ganz gewiss tun.
Eine zwar immer wieder versprochene, aber schwer zu realisierende Aufgabe („Ankurbeln des Wachstums“) wird der neuen Regierung nahezu ohne eigenen Aufwand von der Weltwirtschaft geschenkt. Selbst das sonst gewohnt zurückhaltend formulierende Wifo gibt der Wende zum Besseren „äußerst positiven“Ausdruck.
Kann das düstere Kapitel „Krise“, das uns ein Jahrzehnt lang beunruhigte, unverhofft geschlossen werden? Kann die Politik nun wieder in besser kartografierten Gewässern steuern? Nichts wäre kurzsichtiger, als sich jetzt gelassen zurückzulehnen.
Hier spricht nicht der obligat erhobene Zeigefinger eines professionellen Bedenkenträgers. Der Konjunkturaufschwung verdeckt die noch lange nachwirkende Hinterlassenschaft der Krise: Langzeitarbeitslosigkeit, hohe Staatsschulden, die ungenügende Ar-