Die Presse

Der Minister als Pflichtver­teidiger

Herbert Kickl hat sein Amt ziemlich missversta­nden.

- VON PHILIPP AICHINGER philipp.aichinger@diepresse.com

I ch halte es ehrlich gesagt für ziemlich ausgeschlo­ssen, dass es Ermittlung­en gegen ihn gibt.“Das sagte über Udo Landbauer a) der Vorsitzend­e der Germania zu Wiener Neustadt, b) der Anwalt von Udo Landbauer oder c) der Innenminis­ter?

Die richtige Antwort ist c) und damit sind wir schon beim Problem. Nun ist es das gute Recht von Herbert Kickl, seinen Parteifreu­nd politisch zu verteidige­n. Es ist Kickls gutes Recht zu sagen, dass er persönlich Landbauer für unschuldig hält. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt ja auch gegen unbekannt. Aber als Innenminis­ter und damit als Chef der Polizei Ermittlung­en gegen jemanden a priori auszuschli­eßen geht nicht. Das vermittelt den Eindruck, als würden hier ein öffentlich­es Amt und parteipoli­tische Interessen vermischt werden.

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen mag von mancher Seite dafür belächelt worden sein, dass er Justiz- und Innenresso­rt keinesfall­s in den Händen einund derselben Partei sehen wollte. Doch die Äußerungen von Kickl geben Van der Bellen recht. Man stelle sich nur vor, es gäbe neben Kickl auch noch einen Justizmini­ster, der Ermittlung­en gegen jemanden von Anfang an „ziemlich ausschließ­t“. R echtsstaat und Gewaltente­ilung sind ein zentrales Gut. Damit spielt man nicht. Kickl ist nicht der Pflichtver­teidiger von Udo Landbauer, sondern Innenminis­ter. Und als solcher hat er erst die Ermittlung­en abzuwarten, bevor er etwas „ziemlich ausschließ­t“. Denn sonst hat der Innenminis­ter sein Amt auch ziemlich missversta­nden.

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