„Bier ist eine ernste Sache“
Heineken-Manager Magne Setnes ist der neue Chef der Linzer Brauunion, die der Konzern 2003 schluckte. Die Union habe viel richtig gemacht, vor allem kein Einheitsbier gebraut. Setnes will das beibehalten. Sonst sei morgen Schluss.
Interview II: der neue Brau-UnionChef Magne Setnes.
Wie steht ein Bierbrauer zur Aufhebung des Rauchverbots? Magne Setnes: Viele Gastronomen hätten es mit einem Rauchverbot schwerer, andere würden sich freuen. Ich habe mit vielen gesprochen, die Meinung ist nicht eindeutig. Aus anderen Ländern weiß ich aber: Das Geschäft geht nach dem Verbot leicht zurück, bevor es nach einer Umstellungsphase wiederkommt.
Bevor Sie zum Generaldirektor der Brauunion wurden, waren Sie für die internationalen Neuheiten bei Heineken zuständig. Was gibt’s bei Bier noch Neues? Radler war eine große Innovation. Er kam aus Österreich und wir haben ihn in der Heineken-Gruppe für andere Länder übernommen. Außerdem gibt es immer mehr alkoholfreie Biere, alkoholarme Biere, limonadenartige Biere, Cider. Wir sehen, dass es noch Wachstumsmöglichkeiten gibt.
Während die kleinen Produzenten mit ihren Ciders und Craftbieren dazukommen, stagniert der Pro-Kopf-Konsum. Besorgt? Damit musst du umgehen. Der Trend zu Craftbier tut der Branche insgesamt gut. Bier bleibt im Gespräch. Und der Konsum ist relativ stabil.
Aber eben nur dank der Radler und der alkoholfreien Biere. Ja, stimmt. Es gibt aber wirklich viele Länder, wo der Konsum rasant nach unten geht. Das sehen wir in Österreich nicht. Wie unterscheidet sich Österreich von den 170 anderen Heineken-Märkten? Österreich hat über lange Zeit lokale Brauereien und Marken erhalten. Es gibt kein großes Einheitsbier. Du kriegst ein anderes in der Steiermark als in Oberösterreich. Es ist hier tief in der Kultur verankert – man hat zu jedem Anlass ein Bier in der Hand, man feiert mit Bier, man schaut Sport mit Bier, man geht nach dem Einkauf auf ein Bier. Jede kleine Bar hat eine gute Schankanlage.
Ihr Vorgänger Markus Liebl meinte zur „Presse“, dass der Zeitgeist Österreichs Markt mit seinen vielen Sorten entgegenkam. Halten Sie an allen fest? Der Erfolg der Brauunion liegt genau in der Struktur. Da gibt es keine Pläne, das zu ändern. Ich habe viele Jahre im Heineken-Konzern gearbeitet und Marktanalysen ge- macht. In Österreich wäre es ein großer Fehler, nur eine einzige Brauerei hinzustellen. Wir sind die Brauunion – Betonung auf Union.
Das Einheitsbier wird es mit Ihnen nicht geben? Das hoffe ich. Das wäre wirklich schade. Meine Braumeister sind alle unterschiedlich. Die wollen ihren Stempel auf ihrem Bier haben. Wenn ich sage, jetzt gibt es ein Rezept für alle, wäre morgen Schluss. Was wollen Sie in Österreich als Erstes angehen? In will in die verschiedenen Regionen reisen und mir die Stärken und Schwächen vor Ort genau anschauen. Dann werde ich die Marken durchleuchten und schauen, wie und wo wir die Leute mit unserer Werbung am besten erreichen.
Sie haben den frischen Blick von außen. Was muss sich sofort ändern? Verbesserungspotenzial gibt es immer. Es ist die Frage, wie viel man tun kann. Wir sind im Herbst mit Kleinschankanlagen gestartet, wodurch jeder Würstelstand selbst gezapftes Bier verkaufen kann. Wir haben bisher gut 1000 dieser kleinen Geräte verkauft. Wir werden außerdem alkoholfreie Produkte weiterentwickeln. Das kommt an, also muss man nachsetzen.
Was zog Sie von der Amsterdamer Konzernspitze nach Linz? Markus und ich haben viel geredet und irgendwann kam die Frage, ob ich das tun will. Ich habe mir gut überlegt, ob ich der Richtige dafür bin. Es war keine leichte Entscheidung. Es ist ja nicht so, dass ich sechs Monate da und wieder weg bin. Es ist eine Verpflichtung. Aber ich möchte es gerne machen – auch wenn ich dadurch nur mehr auf ein Land fokussiert bin. Wie ist es, vom Innovationsmanager zu dem zu werden, der diese Innovation an den Mann bringen muss? Früher habe ich die Möglichkeiten gesehen und geglaubt: „So gehört das“. Ich bin zu den Marken gegangen und habe sie gebeten, es auszuprobieren. Jetzt kann ich selbst entscheiden und muss nicht mehr Verkäufer spielen. Aber es ist kein Spiel in Österreich. Wir haben 2300 Leute, das musst du ernst nehmen.
Sehen Sie ein Problem darin, als Außenstehender eine Dynastie von Bierbrauern abzulösen? Hätte ich haben können, war aber nicht so. Die Welt geht weiter, es kommen immer neue Leute in den Konzern. Irgendwann muss man sagen: Vergangenheit ist Vergangenheit. „Das haben wir immer so gemacht“zu sagen, nützt nichts.
Sie sind 18 Jahre bei Heineken. Was hat sich verändert? Sind die Biertrinker braver geworden? Die Leute sind insgesamt viel bewusster. Sie wünschen sich Transparenz. Sie wollen wissen, woher die Rohstoffe kommen. Das ist wie beim Essen. Es ist auch nicht so lange her, dass das Heineken-Portfolio sehr klein war. In Amerika ging es in die Richtung, dass ein paar große Marken den Markt besetzten. Vor diesem Hintergrund wurden Craftbiere dort so groß.
In Amerika beherrscht Anheuser-Busch aber nach wie vor den Markt. Heineken ist auch nicht so klein. Ja, aber die Craftbiere haben dort etwa 15 Prozent Markanteil – vom Wert sogar mehr als 20 Prozent. Und sie werden weiterwachsen.
Das sind die USA. Was ist international anders geworden? Die Werbung. Früher war es lustig und ausreichend, ein Krügel Bier auf einem Plakat abzubilden. Heute müssen sich die Biermarken ganz genau überlegen, was sie sponsern: Nachhaltigkeit, verantwortungsbewusstes Trinken. Bier ist eine ernste Sache geworden.