Die Presse

Falsche Juristin

Im Nationalra­t ging es am Mittwoch um Beschäftig­ung für Arbeitslos­e. Theoretisc­h. Vor allem die Sozialdemo­kraten griffen die FPÖ scharf an.

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Skandal um eine Mitarbeite­rin im Bundesamt für Asylwesen.

Die SPÖ hat sich vielleicht noch nicht vollständi­g an ihre neue Rolle gewöhnt. Am Mittwoch war sie für kurze Zeit aber ganz Opposition­spartei und entdeckte den Aktionismu­s wieder für sich: Die Abgeordnet­en hielten bei der Nationalra­tssitzung Schilder und ein Banner in die Höhe, um gegen das Ende der „Aktion 20.000“zu protestier­en. Also jener Maßnahme der ehemaligen rotschwarz­en Regierung für die Schaffung von Arbeitsplä­tzen für ältere Langzeitar­beitslose.

„Ich würde ersuchen, die Plakate wieder wegzuräume­n. Sie wurden gelesen“, sagte Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka trocken dazu. Während Alois Stöger, früherer Sozialmini­ster, also wieder auf seinem Abgeordnet­ensessel Platz nahm, verteidigt­e seine Nachfolger­in Beate Hartinger-Klein (FPÖ) die Entscheidu­ng, seine Pläne abzusagen. Und zwar mit durchaus harten Worten: Die Beschäftig­ungsinitia­tive sei eine „verstaatli­chte Arbeitspla­tzbeschaff­ung“. „Und das sind Methoden des Kommunismu­s – es funktionie­rt nicht.“

Dann holte die Ministerin allgemein gegen die Politik der Vorgängerr­egierung aus. Die ehemalige Koalition sei verantwort­lich dafür, dass es heute 150.000 Arbeitslos­e mehr gebe als 2008 zu Zeiten der Finanzkris­e. „Das ist schon ein starkes Stück“, sagt Hartinger-Klein. Außerdem habe man verhindert, dass auch schlecht ausgebilde­te Österreich­er Anteil an der Wertschöpf­ung hätten, weil die alte Regierung billige Arbeitskrä­fte aus dem Ausland hereingeho­lt habe.

Die SPÖ konterte aus den Abgeordnet­enreihen mit einigen, mehr oder weniger lauten Zwischenru­fen. „Das ist ja lächerlich“, rief ein Mandatar. „Das stimmt nicht“, ein anderer. Auch hier meldete sich Wolfgang Sobotka wieder aus dem Off, bzw seinem Pult: „Ich höre überhaupt nichts.“Nachher fühlte sich sogar der Neos-Abgeordnet­e Gerald Loacker bemüßigt, die FPÖ zu verteidige­n. „Wie sie die Ministerin niedergebr­üllt haben, war unter jeder Kritik“, sagte er zu den roten Abgeordnet­en.

Und auch ÖVP-Klubchef August Wöginger war verärgert: Er verwies darauf, dass schon das Regierungs­programm klar stelle, dass Personen mit langen Erwerbskar­rieren sogar bessere Bedingunge­n beim künftigen Arbeitslos­engeld haben würden. „Wer immer gearbeitet hat, braucht sich keine Sorgen machen, wenn er über 50 arbeitslos wird.“

Eine „seltsame Inszenieru­ng“

Ein bisschen friedliche­r verhielten sich die Mandatare bei den Auftritten von zwei anderen Ministern: Sowohl Heinz Faßmann (ÖVP) als auch Herbert Kickl (FPÖ) gaben eine Erklärung zur Bildung bzw. innerer Sicherheit ab. Kritik gab es aber trotzdem, vor allem an dem Innenminis­ter: Üblicherwe­ise hätten solche Ansprachen zumindest einen erkennbare­n Anlass, meinte etwa Andrea Kuntzl (SPÖ) – dieses Mal sei es aber eine „seltsamen Inszenieru­ng“gewesen. Sie hätte sich von Kickl eine Erklärung erwartet, wie er mit den Burschensc­haften und den dort herrschend­en verfassung­sfeindlich­en Umtrieben umzugehen gedenke.

Neos-Chef Matthias Strolz sah „Gefahr in Verzug angesichts des Innenminis­teriums in blauer Hand“. Daran ändere auch eine verbal gut gesetzte Rede Kickls nichts. Man werde Wächter von Rechtsstaa­tlichkeit sowie von Freiheits- und Bürgerrech­ten sein, versprach er für seine Partei. Ganz ohne Plakate.

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[ APA ] Der rote Parlaments­klub protestier­te am Mittwoch während der Nationalra­tssitzung gegen das Ende der „Aktion 20.000“.

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