Amazon mit Krankenkasse
Aus Ärger über die hohen Kosten der Krankenversicherung wollen die Unternehmen Amazon, JPMorgan und Warren Buffetts Berkshire Hathaway nun in Konkurrenz zu den etablierten Versicherern treten.
Die hohen Kosten der Versicherung lässt nun auch bei JP Morgan und Warren Buffett an Alternativen planen.
Man kennt sich unter Milliardären. So auch Amazon-Gründer Jeff Bezos, Investmenturgestein und Chef von Berkshire Hathaway Warren Buffett sowie Jamie Dimon, Chef der größten US-Bank JPMorgan. Wann immer die drei Firmenchefs in den vergangen Jahren bei Veranstaltungen oder Kongressen aufeinandertrafen, gab es laut Beobachtern beim lockeren Gespräch zu Kaffee oder Bier nur ein Thema: die horrenden Kosten für das ineffiziente amerikanische Gesundheitssystem.
Ein Ärger, der sich vor allem in den vergangenen Monaten immer weiter aufgestaut hat und nun in einer konstruktiven Eruption endete. Die drei Konzerne gaben nun bekannt, dass sie die Krankenversicherung ihrer Mitarbeiter künftig selbst in die Hand nehmen wollen. Obwohl die konkreten Details zu dem Vorhaben noch relativ vage sind, schlug die Meldung im USGesundheitssystem wie eine Bombe ein. Die Aktienkurse von Versicherungskonzernen und anderen Gesundheitsunternehmen sanken merklich, in einzelnen Fällen sogar um mehr als zehn Prozent.
Es sind mehrere Gründe, die die Ankündigung des Triumvirats so bemerkenswert machen. Zuerst einmal haben die drei Unternehmen mit knapp einer Million Mitarbeiter in den USA schon allein eine nicht unerhebliche Menge an Versicherten, die den etablierten Branchenfirmen künftig wegfallen. Noch wesentlich entscheidender ist jedoch, dass sich die Konzerne wohl nicht darauf beschränken dürften, ihre eigenen Mitarbeiter mit einer Alternative zu versorgen.
150 Millionen Versicherte
Rund 150 Millionen Amerikaner und damit etwa jeder zweite USBürger sind nämlich durch ihr Unternehmen krankenversichert.
Die Kosten dafür werden für die Firmen zunehmend zum Ärgernis. Denn das US-Gesundheitssystem gilt als extrem teuer und ineffizient. Darauf weist auch die OECD regelmäßig hin. So geben die USA mit 17,2 Prozent des BIP so viel für die Gesundheitsversorgung aus wie kein anderes Land der Welt.
Im Schnitt fließen rund 9000 kaufkraftgewichtete Dollar pro USBürger in das System, ergab ein Vergleich der Industrieländer-Or- ganisation im Vorjahr. Die Lebenserwartung erreichte unter 35 verglichenen Ländern mit 78,8 Jahren unter Neugeborenen aber trotzdem nur den 28. Rang. Nur geringfügig besser als die Türkei, die mit 990 Dollar pro Kopf und Jahr gerade einmal etwas mehr als ein Zehntel der Ausgaben hat.
Außerdem stiegen die Kosten in den USA in den vergangenen Jahren auch rasant an. Sie betrugen im Jahr 2000 noch 12,5 Prozent des BIP, also 4,7 Prozentpunkte weniger. Zum Vergleich: In Österreich – auch nicht ein Hort der Effizienz in Gesundheitsfragen – stiegen die Kosten im gleichen Zeitraum von 9,2 auf 10,4 Prozent an.
Zu viele Mittelsmänner
Als ein Grund für die hohen Kosten bei zugleich geringer Effizienz gilt, dass es im US-System viele unterschiedliche Firmen gibt, die als Mittelsmänner zwischen Versicherten und Pharmafirmen agieren. Unter anderem die sogenannten Pharmacy Benefit Manager – Unternehmen, die im Auftrag von Versicherungen große Einkaufsverträge mit den Pharmakonzernen erstellen, wo man festlegt, zu welchen Preisen Medikamente gekauft werden und über welche Apotheken diese für die Versicherten verfügbar sind. Diese Verträge sind äußerst intransparent. Zudem haben die Benefit Manager meist selbst eigene Apothekenketten und damit doppelte Interessen.
In dieses System wollen Amazon, JPMorgan und Berkshire Hathaway nun hineinschneiden. Ihre Initiative soll auch ohne Gewinnabsicht arbeiten und nur die Kosten für die Unternehmen vergünstigen. Beobachter erwarten, dass sie direkte Verhandlungen mit den Pharmafirmen aufnehmen oder ein Online-Auktionssystem entwerfen werden, um die Kosten zu senken. Dimon zitiert in diesem Zusammenhang auch seinen neuen Partner Bezos: „Eure Marge ist unsere Chance.“
Allerdings gibt es auch Kritiker des Vorstoßes. So meinen US-Gesundheitsexperten, dass es sich die Firmen wohl zu leicht vorstellen, das komplexe System verändern zu können. Andere äußerten die Sorge, dass Amazon künftig auch die Gesundheitsdaten von Millionen Amerikanern sammeln könnte.