Islamgelehrter Tariq Ramadan in Polizeihaft
Der Professor an der Uni Oxford wurde nach Vergewaltigungsvorwürfen in Frankreich festgenommen.
Die französische Polizei hat nach Angaben aus Behördenkreisen vom Mittwoch den prominenten Islamologen Tariq Ramadan in Gewahrsam genommen. Gegen den 55-jährigen in Genf geborenen Schweizer mit ägyptischem Hintergrund, der seit 2009 an der englischen Universität Oxford lehrt, hatten zwei Frauen in Frankreich Anzeige wegen Vergewaltigung erhoben. Genauere Angaben zu den Umständen der Festnahme lagen vorerst nicht vor.
Es bestehe ein Anfangsverdacht von schweren Sexualdelikten, eine Voruntersuchung laufe, hieß es. 2017 begannen Ermittlungen gegen den medial präsenten Gelehrten, der über einen „europäischen Islam“nachdenkt, aber auch als mehr oder weniger getarnter Islamist kritisiert wird. Ihm wird auch Gewalttätigkeit vorgeworfen, hieß es aus Justizkreisen. Ramadan hat Anzeige wegen Verleumdung erhoben: Gegen ihn würden politisch-ideologischreligiöse Gegner bloß eine Kampagne orchestrieren.
Der Autor von Büchern wie „Der Islam und der Westen“(2000) und „Die Botschaft des Islam für die moderne Welt“(2009) hatte sich wegen der Affäre im November von der berühmten englischen Uni beurlauben lassen. Zudem sagen mehrere Schweizerinnen, Ramadan habe sie in den 1980ern und 1990ern sexuell bedrängt, mitunter als Minderjährige.
Ramadan ist ein Enkel von Hassan al-Banna, dem Gründer der ägyptischen Muslimbrüder, der 1949 nach von ihm verübten Anschlägen von Unbekannten erschossen wurde. Ramadans Vater, ebenfalls Islamist, musste 1954 Ägypten verlassen, ging nach Deutschland und letztlich in die Schweiz. (ag.)