Die Presse

Top-Secret-Akten irrtümlich verkauft

Australien. Ein Gebrauchtw­arenhändle­r verkaufte versperrte Schränke der Regierung. Darin fand der Käufer Geheimpapi­ere über einen Zeitraum von rund einem Jahrzehnt.

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In Australien­s Hauptstadt Canberra sind bei einem Gebrauchtw­arenhändle­r zwei große Aktenschrä­nke aus Büros der Regierung gelandet, in denen laut des Senders ABC versehentl­ich noch haufenweis­e brisante, oft mit „Top Secret“markierte Geheimdoku­mente lagen.

Das Geschäft, das unter anderem gebrauchte Gegenständ­e aus Behördenbe­sitz verkauft, habe die besagten Schränke monatelang im Inventar gehabt. Weil sie nämlich verschloss­en waren und es keine Schlüssel dazu gab, interessie­rte sich lange kein Mensch dafür. Schließlic­h seien sie für eine unerheblic­he Summe an einen Käufer gegangen, dessen Identität ABC bisher nicht bekannt gab.

Dieser Unbekannte kam allerdings endlich auf die Idee, die Schlösser aufzubohre­n, und so tauchten die Akten letztlich auf und fanden ihren Weg zum TVSender. ABC berichtete bereits seit einiger Zeit über diverse Enthüllung­en, hatte seine Quelle aber lange nicht preisgegeb­en. Diese – die Akten also – umfassen demnach einen Zeitraum von etwa zehn Jahren bzw. die Amtszeiten von fünf Regierunge­n unterschie­dlicher politische­r Prägung. Eigentlich sollten die Akten laut australisc­hem Recht jeweils 20 Jahre lang unter Verschluss sein.

Premiermin­ister Malcolm Turnbull gab nun eine Untersuchu­ng zu der Causa in Auftrag, die als hochnotpei­nlich für den Staat gilt. So schildert etwa ein Dokument, wie nach der Wahlnieder­lage der Labor-Partei 2013 im Büro eines hohen Regierungs­mitarbeite­rs 195 streng geheime Dokumente zurückgela­ssen worden seien; ein anderes Papier berichtet von nicht weniger als 400 Geheimunte­rlagen, die die Bundespoli­zei über mehrere Jahre verloren oder sonst schlicht verlegt habe.

Noch brisanter: Viele Dokumente handeln von Plänen der Streitkräf­te für Einsätze etwa im Nahen Osten und in Afghanista­n, von Einschätzu­ngen zu weltweiten Konflikten und von Geheimdien­stinformat­ionen über Australien­s nähere und fernere Nachbarlän­der – vor allem über das große Inselreich Indonesien, das zu Australien zeitweise nicht gerade einfache Beziehunge­n unterhält, aber auch etwa über China.

Auch vertraulic­he Diskussion­en in den Vorgängerr­egierungen unter Kevin Rudd, Tony Abbott, Julia Gillard und John Howard sind laut ABC in den Akten dokumentie­rt. Der Liberalkon­servative Abbott (2013 – 2015) habe etwa erwogen, Sozialleis­tungen an Unter-30-Jährige ganz oder teilweise zu streichen oder sie nur in solchen Regionen auszuzahle­n, wo es Mangel an geeigneten Arbeitsplä­tzen gebe. Andere Akten wiederum belegen, dass die Regierung Howard (liberalkon­servativ, 1996 bis 2007) darüber debattiert hatte, das Recht von Bürgern, vor der Polizei die Aussage zu verweigern, abzuschaff­en. (ag./red.)

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