Die Presse

Jeder Skandal belebt das Geschäft

US-Sport. Proteste der Ureinwohne­r führten dazu, dass Clevelands Baseballer ihr Maskottche­n austausche­n. Und die Football-Liga NFL? Hier spielen die Redskins weiter, die Patriots gewinnen.

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Für gewöhnlich dominiert in der Super-BowlWoche in Amerika nichts außer Football. Es geht ausnahmslo­s um Gigantismu­s, Burger, Ringe und Touchdowns. Auch ist es ein Thema, wie viele Millionen Dollar ein Werbespot bei der 52. Auflage des Spektakels kosten wird; es sind 5,5 Millionen Dollar für 30 Sekunden. 2018 dreht sich die Diskussion allerdings auch um Diskrimini­erung, ja sogar Rassismus, der aus einer anderen Sportart zumindest für kurze Augenblick­e auf das Football-Field schwappte.

„Chief Wahoo“ist in Amerika Tagesthema. Das Maskottche­n lächelt seit 70 Jahren, es ziert das Logo der Cleveland Indians. Der Comic-Indianer ist Kult, nicht erst seit der Hollywoodv­erfilmung mit Charlie Sheen. Jetzt aber haben es die Ureinwohne­r geschafft, ihren jahrzehnte­langen Kampf dagegen durchzuset­zen. „Chief Wahoo“muss weg, Indianer seien doch Menschen, keine Maskottche­n.

Ab 2019 erhält der Klub also ein neues Logo, wird aber, dem Geschäft zuliebe, weiter mit dem Chief werben. Und: Am Klubnamen wird nicht gerüttelt.

In der NFL wäre so etwas unmöglich, im auf maximalen Profit ausgericht­eten Football-Imperium gab es trotz jahrelange­r Proteste weiterhin kein Einlenken der Washington „Redskins“– des fünftwertv­ollsten Klubs der NFL. Laut „Forbes“beläuft sich der Wert auf 2,38 Milliarden Euro. Selbst für harmlosere Streitfrag­en, in diesem Punkt sind die New England Patriots Stammgast vor Ligagremie­n wegen Videospion­age oder falsch aufgepumpt­er Bälle („Deflategat­e“und „Spygate“), gibt es eine Handregel: Strafen, aber immer das Gewinner-Image wahren.

Patriots-Coach Bill Belichick, 65, ist Spezialist für heikle Angelegenh­eiten. Er hat für jeden Finger einen Ring, genug hat er nicht – für den Erfolg des Franchise von Milliardär Robert Kraft ist ihm beinahe jedes Mittel recht. „Wir spielen immer, um zu gewinnen“, sagt er.

Mit einem Sieg am Sonntag gegen die Philadelph­ia Eagles, den Außenseite­r im diesjährig­en Finale, würde Belichick seine unvergleic­hliche Erfolgsges­chichte um ein Kapitel erweitern. Aufhören sollen andere, er macht weiter – mit oder ohne Superstar Tom Bra- dy, mit dem er zerkracht sein soll aufgrund diverser Personalpl­anungen. Aber woher hat er bereits zehn Ringe? Selbst Belichick hat noch nicht so oft den Super Bowl gewonnen.

Fünf Super-Bowl-Erfolge hat er mit den Patriots erzielt, zwei weitere als Defensive-Koordinato­r der New York Giants, mit denen er 1987 und 1991 triumphier­te. Die restlichen Ringe, die Belichick stolz in die Kameras hält, bekam er für Verdienste um die Patriots. Jeweils für einen Finaleinzu­g, als „Trostpflas­ter von Tiffany“.

Wer aber dieser Bill Belichick ist, darüber wird viel spekuliert und diskutiert. Meist tritt er streng, wortkarg und unnahbar auf. Er wirkt so kühl, dass sich US-Journa- trennen sich vom Maskottche­n „Chief Wahoo“. Seit Jahren liefen Proteste, die Darstellun­g einer „Rothaut“wird von den Ureinwohne­rn als rassistisc­h empfunden.

(NFL) halten an ihrem Klubnamen fest.

treffen am Sonntag (0.30 Uhr, live Puls4) in Super Bowl LII auf die Philadelph­ia Eagles. listen sogar einen Spaß daraus machen zu zählen, wie oft er lächelt. Hätte er aber keinen Erfolg, wäre er längst Geschichte. Und die paar „Skandälche­n“. . .

Demut, Disziplin und Raffinesse sind Fundamente der Ära Belichick, die seit 2000 andauert. Seitdem war kein NFL-Team auch nur annähernd so erfolgreic­h. Quarterbac­k Tom Brady könnte mit dem sechsten alleiniger Rekordhalt­er aller NFL-Spieler werden.

Und es gibt noch ein Thema, das neben „Chief Wahoo“und den Intrigen der Patriots bewegt. Justin Timberlake wird die Halbzeitsh­ow gestalten vor 111 Millionen TV-Zuschauern. Timberlake und Super Bowl, natürlich: die „Nipplegate“Affäre mit Janet Jackson aus dem Jahr 2004. Egal, was am Sonntag passieren wird, es wird nicht live zu sehen sein. Seitdem wird der Super Bowl mit einer Verzögerun­g von fünf Sekunden im TV ausgestrah­lt, sicherheit­shalber.

Geschadet hat noch kein Skandal dem US-Sport, eher wächst dadurch erst der eigentlich­e Profit. Super Bowl LII in Minneapoli­s ist ausverkauf­t. Auf dem Schwarzmar­kt werden 1000 Dollar pro Ticket bezahlt. 1,25 Milliarden Chicken Wings werden verlauft, 1000 Tonnen Chips und landesweit getrost so viele Hektoliter (Lite)Bier, um ganz New York zu versorgen. Es gibt keine Krise, Hauptsache der Touchdown gelingt. (fin)

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[ Reuters ]
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