Forstinger: dritte Pleite in 17 Jahren
Sanierung. Die Autozubehör-Kette mit 820 Mitarbeitern ist mit 31 Millionen Euro Schulden erneut insolvent. Häufige Eigentümerwechsel und die veränderte Autowelt haben Spuren hinterlassen.
Das Jahr ist noch jung – aber eine Großpleite jagt die nächste: Nach der Fluglinie „Niki“, die inzwischen erfolgreich verkauft worden ist, und noch bevor die Immobilienfirma Wienwert ihren angekündigten Antrag gestellt hat, füllt ein weiteres Unternehmen die Insolvenzstatistik: die Autozubehör-Kette Forstinger hat am Mittwoch beim Landesgericht St. Pölten ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt.
Dafür ist zumindest eine Quote von 20 Prozent erforderlich. Ob die 364 Gläubiger (ohne die 823 Beschäftigten) tatsächlich Geld bekommen und wenn, wie viel, wird sich erst zeigen. Denn die Passiva, die vom Kreditschutzverband von 1870 (KSV) und der Creditreform mit 31,2 Mio. Euro beziffert werden, sind großteils (27 Mio.) unbesichert. Die Aktiva sind noch nicht bekannt. Auf jeden Fall muss Masseverwalter Volker Leitner das von Forstinger angestrebte Sanierungsverfahren gelingen. Dann könnten 700 der 823 Mitarbeiter ihren Job behalten.
Eckpunkte der Sanierung, die in eine „Weiterführung ohne Altlasten“führen soll, sind die Schließung von 15 der 108 Filialen und die Neuverhandlung alter und teurer Mietverträge. 2016/17 setzte der größte heimische Einzelhändler für Automobilzubehör, Zweirad und Zweiradzubehör 111 Mio. Euro um, kaum mehr als 2015/16 (109,5 Mio. Euro). In den letzten Jahren ist der Umsatz sukzessive von knapp 130 auf bis zu 80 Millionen Euro gefallen. Erst 2015/16 gab es ein Wachstum. Unter dem Strich aber auch meist Verluste.
Als unmittelbaren Anlass für die Liquiditätskrise nennt das Unternehmen, das die Jännergehälter nicht mehr zahlen konnte, das generell flaue Geschäft in den Wintermonaten. Im Jänner seien zusätzlich infolge des warmen Wetters die Umsätze bei Saisonwaren wie Starterbatterien und anderen Winterartikeln um bis zu 70 Prozent eingebrochen.
Die wiederholten Restrukturierungsversuche in den vergangenen Jahren haben offenbar nicht nachhaltig gefruchtet. Wobei möglicherweise auch zu viele „Sanierer“am Werk waren. Dazu kommt, dass sich die Autowelt in den vergangenen Jahren massiv verändert hat. Der Vormarsch der Elektronik macht es praktisch unmöglich, selbst Reparaturen durchzuführen. Auch in Werkstätten werden nicht mehr Einzelteile, sondern meist komplette Komponenten gewechselt. Damit musste das Do-it-Yourself-Konzept von Forstinger scheitern. Auch in dieser Branche ist der Online-Verkauf auf dem Vormarsch – auch bei Reifen, mit denen Forstinger groß geworden ist.
Das 1962 von Norbert Forstinger in einem Kellerlokal gegründete Unternehmen hat eine äußerst bewegte Geschichte mit etlichen Eigentümerwechseln – und zwei Pleiten – hinter sich. Zuerst lief alles nach Plan – und es wurde kräftig expandiert. 1998 kam dann der große Coup: Forstinger übernahm die PS-Märkte von der SchömerGruppe Karlheinz Essl, der das Kfz-Zubehör-Geschäft ganz nach dem Baumax-Schema der Selbstbedienung ausgerichtet hatte. Der Erfolg blieb jedoch aus.
Ein Jahr später erweitere Forstinger das Angebot um eigene Werkstätten. Das rasante Wachstum führte zu einem Liquiditätsproblem. 2001 musste das Unternehmen mit 77 Mio. Euro Schulden Ausgleich anmelden. Damals hatte die Firma rund 1000 Beschäftigte und 121 Standorte. Es kamen der Sanierer Erhard Grossnigg mit seiner Value Management Services und die deutsche Orlando Management an Bord und unterstützten zwei Private Equity-Fonds, die Forstinger übernommen hatten, bei der Restrukturierung.
2004 reichten sie die Firma an die Beteiligungsgesellschaft Bridgepoint und die damaligen Ge- schäftsführer weiter. Mit dem neuen Financier erfolgte der erste Schritt ins Ausland, in die Slowakei.
Die nächste Krise kam 2009, als die Bridgepoint-Tochter und Forstinger-Eigentümerin, FHS Beteiligungsverwaltung, in Konkurs ging. Die österreichische Investorengruppe eMobile kam, die zuvor unter Better Place bekannt war. Zu ihnen gehörte auch Ex-Immofinanz-Vorstand Norbert Gertner.
2013 übernahm Klaus Müllner, seit 2011 Geschäftsführer, die Kette. Er krempelte die Firma um, versuchte auf Franchising zu setzen und mit den Banken einen Schuldenschnitt zu vereinbaren. Zwei Jahre später wurde die PS Markt GmbH hereingeholt. Sie besitzt Forstinger noch heute, genau genommen ist sie die Dachgesellschaft der Forstinger International. Die wiederum ist Mutter der nun insolventen Forstinger Österreich. Das spiegelt das viel zu komplexe Firmenkonstrukt wider.