Reformexpress? Das sieht nach Liliputbahn aus!
Die Regierung geht ihr Reformprogramm viel zu gemächlich an.
1 00 Tage Schonfrist genießt eine Regierung in der Regel, bevor man genauer nachsieht, ob auch drin ist, was auf der Wahlpackung draufstand. Da Vizekanzler Strache bei der ersten Regierungsklausur im Jänner aber vom „rot-weißroten Schnellzug“gesprochen hat, den man losfahren lasse, schauen wir schon nach knapp 50 Tagen einmal nach, ob sich auf dem Verschubbahnhof etwas tut. Denn abgefahren ist der Express ja wohl noch nicht.
Was wir da sehen, ist leider nicht das, was wir erwartet oder, besser gesagt, erhofft haben. In den blauen Waggons sind die Putztrupps vollauf damit ausgelastet, die hartnäckigen braunen Flecken, die immer wieder auftauchen, notdürftig zu verdecken. Und im türkisen Sektor ist man ganz offenbar bestrebt, jeglichen Verschublärm zu vermeiden, um potenzielle Passagiere aus den vier Landtagswahlländern nicht unnötig zu verschrecken. Die letzte dieser Wahlen ist übrigens erst am 125. Tag der Amtszeit dieser Regierung. Eine zu lange Zeit, um in die Reformgänge zu kommen. N ur so zur Erinnerung: Versprochen hat man uns unter anderem die Sanierung des Staatshaushalts, eine Föderalismusreform, eine Reform des ausufernden Förderwesens, des Pensionssystems, des Steuersystems, des Gesundheitswesens und so weiter und so weiter. Kurzum: eine umfassende wirtschaftspolitische Erneuerung des Landes.
Gesehen haben wir davon (mit Ausnahme der Gesetzentrümpelungsinitiative des Justizministers) außer ein paar Überschriften noch so gut wie nichts. Jedenfalls nichts, was nachhaltig Auswirkungen auf die verhärteten Strukturen hätte. Zumindest eine Konkretisierung der Reformvorstellungen wäre nach eineinhalb Regierungsmonaten wohl nicht zu viel verlangt.
Große Reformen, das ist kein Geheimnis, startet man am Beginn einer Legislaturperiode. Und in Zeiten brummender Konjunktur. Man soll die Hoffnung nicht aufgeben, aber derzeit sieht der versprochene „rot-weißrote Schnellzug“eher nach Liliputbahn aus. Viel Zeit bleibt da nicht mehr, bis das Wohlwollen der Reformwilligen in diesem Land in Enttäuschung umschlägt.