Krisenzahlen beim Moderiesen
Bekleidung. H&M verbucht den stärksten Gewinnrückgang seit sechs Jahren. Es kommen zu wenig Kunden in die Filialen, beim Onlinehandel hat man Aufholbedarf.
Krise beim schwedischen Modekonzern Hennes & Mauritz: Die weltweit erfolgreiche Bekleidungskette verschreckte am gestrigen Mittwoch seine Investoren. Der Gewinn sank von 18,6 Milliarden schwedischen Kronen (1,9 Mrd. Euro) auf 16,2 Mrd. Kronen im abgelaufenen Geschäftsjahr 2016/17. Das war der stärkste Ergebnisrückgang seit sechs Jahren. Experten hatten mit einem Ergebnis etwa in dieser Größenordnung gerechnet. Trotzdem lag die H&M-Aktie zeitweise um vier Prozent im Minus.
Ähnlich ging es dem deutschen Modekonzern Gerry Weber. Der verbuchte – trotz Sparkurses – im abgelaufenen Geschäftsjahr ein operatives Ergebnis von 10,3 Millionen Euro, über ein Viertel weniger als ein Jahr davor. Es seien zwar Einsparungen bei den Personal- und Sachkosten gelungen, die Schließung weiterer 68 Geschäfte im vergangenen Jahr sowie Investitionen in die Qualität der Produkte und in IT-Infrastruktur und Logistik hätten das Ergebnis jedoch belastet, hieß es vom Unternehmen.
„Die Veränderungen in der Industrie fordern alle heraus“, sagte H&M-Chef Karl-Johan Persson laut einer Mitteilung. Das werde sich auch 2018 fortsetzen. Dem schwedischen Moderiesen, nach der spanischen Zara-Mutter Inditex die weltweite Nummer zwei auf dem Bekleidungsmarkt, macht vor allem die schlechte Entwicklung in den Filialen zu schaffen. Es kommen zu wenig Kunden, die Ware bleibt liegen, die Lagerbestände steigen. H&M will deshalb heuer 170 Filialen weltweit schließen.
Außerdem will der Familienkonzern, der auch an der Börse notiert, die Produktpalette überarbeiten. Wie andere Modehändler mit einem großen Filialnetz kämpft H&M mit dem veränderten Einkaufsverhalten der Kunden durch die Ausbreitung des Onlinehandels. Experten werfen dem Branchenriesen vor, diese Entwicklung verschlafen zu haben. Inditex etwa stellt 60 Prozent seines Sortiments für Zara und andere Marken wie Pull & Bear, Massimo Dutti und Bershka in Spanien, Portugal und Marokko her. Durch die räumliche Nähe sind Hosen, Jacken und Blusen schneller in den Geschäften und kommen auch rascher bei den Kunden zu Hause an. H&M fertigt vorwiegend in Fernost und hat entsprechend lange Transportwege. Schon voriges Jahr kündigte Firmenchef Persson an, den Onlinehandel auszubauen.
„Wir sind nicht zufrieden mit 2016, und mit 2017 sind wir es überhaupt nicht“, sagte Konzernchef Karl-Johan Persson vor Kurzem. Mit neuen Marken, wie etwa Arket, will sich H&M breiter aufstellen. Arket setzt eher auf hochpreisige Kleidung als auf schnelle Trends. In Deutschland eröffnete die erste Filiale im Oktober.
Hierzulande ist H&M neben der Hausmarke auch mit COS und Weekday vertreten. H&M setzte im Vorjahr in Summe umgerechnet rund 24 Mrd. Euro um, davon etwa 570 Millionen in Österreich. Hierzulande betreibt das Unternehmen rund 80 Filialen. (ag./bin)