Die Presse

Causa Meinl: Staatsanwa­ltschaft Wien hält Frist nicht ein

Justiz. Für Julius Meinl V. und die ehemaligen Vorstände der Meinl Bank heißt es weiter warten. Der Weisungsra­t ist nun mit der Sache befasst.

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Bis gestern hatte die Staatsanwa­ltschaft Wien Zeit, gegen Julius Meinl V. und die ehemaligen Vorstände der Meinl-Bank, Peter Weinzierl, Günter Weiß und Robert Kofler, Anklage wegen Untreue und anderer strafbarer Delikte im Zusammenha­ng mit der Ausschüttu­ng einer Sachdivide­nde zu erheben oder die Ermittlung­en einzustell­en.

Das hatte das Oberlandes­gericht Wien in einem Beschluss angeordnet. Nachdem die Staatsanwa­ltschaft in den vergangene­n Monaten keinerlei Ermittlung­sschritte mehr gesetzt hat, hatten sich die OLG-Richter zu diesem außergewöh­nlichen Schritt entschiede­n. Schließlic­h laufen die Ermittlung­en schon über sechs Jahre.

Sektionsch­ef Christian Pilnacek ließ Mitte Jänner keinen Zweifel daran, dass sich die Staatsanwa­ltschaft auch an diese Frist halten werde. Dass es möglich sei, binnen dieser Frist auch den Weisungsra­t mit dem Erledigung­svorschlag zu befassen, stellte er schon damals in Frage. Das würde aber nichts daran ändern, dass die gesetzte Frist trotzdem eingehalte­n werden würde. Denn das Staatsanwa­ltschaftsg­esetz sieht vor, dass bei Angelegenh­eiten, die keinen Aufschub dulden, der Weisungsra­t auch im Nachhinein befasst werden könne. Das Problem dabei: Was passiert, wenn der Weisungsra­t dem Erledigung­svorschlag der Staatsanwa­lt- schaft widerspric­ht? Freilich gibt der Weisungsra­t nur eine unverbindl­iche Empfehlung ab, nichtsdest­otrotz hat sich der Justizmini­ster bis dato daran immer gehalten.

Weisungsra­t wird vorweg gehört

All diese Überlegung­en dürften zu einem Umdenken im Justizmini­sterium geführt haben. Denn wie gestern bekannt wurde, wird nun doch der Weisungsra­t vorweg befasst. Die Frist – so argumentie­rte Pilnacek gestern – werde nun so verstanden, „dass es ausreicht, wenn die Prüfung innerhalb der Frist abgeschlos­sen wird. (...) Zwischen der Oberstaats­anwaltscha­ft und dem Justizmini­sterium besteht hier Übereinsti­mmung“, so der Sektionsch­ef. Nun habe das Justizmini­sterium den Weisungsra­t damit befasst. Eine Stellungna­hme des Weisungsra­ts sei - wegen der Dringlichk­eit der Angelegenh­eit – in zwei bis drei Wochen zu erwarten.

Für Meinl V. und die ehemaligen Vorstände heißt es nun also weiterhin: Warten. Ihre Anwälte werden die vom OLG Wien gesetzte Frist sicherlich anders interpreti­eren als das Justizmini­sterium, und sich überlegen, welche rechtliche­n Konsequenz­en deren Verstreich­en hat. Gut möglich, dass sie wieder einen Einstellun­gsantrag stellen. Die Causa Meinl scheint noch lange nicht zu Ende zu sein. (hec)

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