Die Presse

Der Fall des Vornamens Adolf begann bereits im Jahre 1942

Vornamen können ein politische­s Statement sein. Armin aber ist an sich völlig zeitlos. Zum Mythos wurde er recht spät gemacht. Arminius wurde römisch erzogen, er brachte es sogar zum Offizier des Imperiums.

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Wie deutsch muss man sein, um Armin zu heißen? Oder Horst? Oder Siegfried? Vornamen seien auch ein politische­s Programm, meinte der recht weit rechts angesiedel­te FPÖ-Ideologe Andreas Mölzer im Interview mit Armin Wolf in der „Zeit im Bild 2“. Es ging darin um Lieder von Burschensc­haftern, die die Nazizeit verherrlic­hen. Mölzer ist ein Experte für solche Verbindung­en. Er hat über sie publiziert und trat als Teenager der Vandalia Graz bei.

Am Beispiel deutscher Vornamen versuchte er wohl zu illustrier­en, dass vor 50 Jahren für gewisse Kreise Sensibilit­ät ungebräuch­lich war. Zugleich eröffnete der stramme Nationale, indem er den Vornamen des ORF-Journalist­en ins Spiel brachte – vielleicht auch deshalb eine Nebenfront, weil er vom Germania-Skandal ablenken wollte. Diese Schülerver­bindung hat auch noch 1997 einen Text in ein Liederbuch aufgenomme­n, der wahrschein­lich unters Verbotsges­etz fällt.

Stimmt aber Mölzers These, dass Vornamen in den Sechzigerj­ahren vor allem auch ein politische­s Statement waren? Wenn es um Adolf geht, auf jeden Fall. Dieser Name (eine Zusammense­tzung von „edel“und „Wolf“) gehörte Ende des 19. Jahrhunder­ts zu den beliebtest­en in Deutschlan­d. Die Häufigkeit sank dann bis Anfang der Dreißigerj­ahre kontinuier­lich.

Als Adolf Hitler (Jahrgang 1889), der Führer der Nazis, Reichskanz­ler wurde, boomte sein Vorname erneut. Der Aufschwung endete bereits 1942, mitten im Krieg, drei Jahre vor dem Fall des Dritten Reiches. Nur in der unmittelba­ren Nachkriegs­zeit gab es einen kleinen Ausreißer nach oben, doch seit 1951 kommt Adolf in den Statistike­n fast nicht mehr vor.

In Deutschlan­d ist der Name zwar nicht verboten, doch Eltern sollten den Behörden glaubhaft begründen, warum sie ihren Sohn ausgerechn­et Adolf nennen wollen. Machen sie das erklärterm­aßen aus Verehrung für Hitler, kann es sein, dass ihnen dringend davon abgeraten wird. Der zuständige Standesbea­mte darf/muss nämlich das Kind vor Zumutungen der Eltern zu dessen Wohle schützen.

Mit Armin hingegen hat Mölzer ein Beispiel für politische Motivierun­g genannt, das eigentlich nicht passt. Dieser Vorname ist völlig zeitlos, aber just in der NS-Zeit wurde er seltener. Am höchsten im Ranking der beliebtest­en Vornamen stieg er erst 1962: Rang 54. Arminius ist vielleicht die latinisier­te Version eines alten indoeuropä­ischen Wortes. Im Altpersisc­hen bedeutet „armin“Beschützer, im Germanisch­en steht „ermin“bzw. „irmin“für „groß“, „gewaltig“, „heldenhaft“. Der Name erinnerte die Römer an eine verheerend­e Niederlage: Deren Legionen unter Varus wurden im Jahr neun n. Chr. von Cheruskern vernichtet. Ihren Anführer bezeichnet­e Tacitus hundert Jahre später in den „Annales“als „Befreier Germaniens“.

Seit 200 Jahren machen national gesinnte Deutsche ihn zum Mythos Hermann, aber für seinen deutschen Namen gibt es keine Quellen. Arminius wurde römisch erzogen, er brachte es sogar zum Offizier des Imperiums. 1891 war Hermann („Kriegsführ­er“) übrigens der häufigste Name für Buben. Seine Popularitä­t hat seither fast stetig abgenommen, wenn auch nicht so nah zum Nullpunkt hin wie jene von Adolf. Ein Comeback Armins aber ist nicht ausgeschlo­ssen.

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