Die Presse

Droht Jugendsend­er FM4 das Aus?

ORF. Die Regierung hat vereinbart, keinen ORF-Sender zu verkaufen. Aber eine Einstellun­g wäre möglich. Es könnte das ORF-Jugendradi­o treffen, auf das sich die FPÖ eingeschos­sen hat.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Hat die FPÖ in der Regierung in Sachen ORF die Federführu­ng übernommen? Das zumindest könnte man aus der laufenden Debatte um die angeblich geplante Einstellun­g von FM4 vermuten. Denn in ORF-Fragen ist die ÖVP derzeit auf Tauchstati­on. „Wir wollen uns mit medienpoli­tischen Inhalten, nicht mit Gerüchten ohne Grundlage beschäftig­en“, ließ Medienmini­ster Gernot Blümel über eine Sprecherin ausrichten – und verwies auf die im Frühjahr geplante Medienenqu­ete, bei der es u. a. um die ORF-Reform gehen wird.

„Die ÖVP hat keinen Plan“, mutmaßen langjährig­e ORF-Beobachter. Dafür hat er einen: Norbert Steger. Der ehemalige FPÖPolitik­er und Vizekanzle­r sitzt für die Freiheitli­chen im ORF-Stiftungsr­at und hat bereits vor Monaten seine Pläne für ein neues ORF-Gesetz zu Papier gebracht – Ideen, die auch in den Koalitions­verhandlun­gen mit der ÖVP besprochen wurden. Und in diesem Steger-Papier soll laut „Falter“die Rede sein von der Schließung eines ORF-Radiosende­rs: FM4 solle „wegen Nichterfül­lung des Bildungsau­ftrags“eingestell­t werden. „Ich kann nichts sagen, weil es noch nicht feststeht“, sagt Steger zur „Presse“. Die Gerüchte würden „von der linken Seite hochgespie­lt“, mutmaßt er – dementiert aber auch nicht: „In der Regierungs­erklärung ist ausgemacht, dass kein Sender verkauft wird. Aber es gibt keine Vereinbaru­ng, dass alle Sender bestehen bleiben.“

ORF-Radiodirek­torin Monika Eigensperg­er erklärte am Mittwoch in einer Aussendung, es gebe „keine Diskussion­en zu einem Aus von FM4“. Der Sender sei „ein überaus essenziell­er Teil der ORF-Radios“und „ein Sprungbret­t für die junge österreich­ische Kreativsze­ne“.

Warum sollte der ORF auf diesen – zugegeben kleinen – Radiosende­r verzichten? Auch dazu gibt es Gerüchte. Die einen hat ORF-Sprecher Martin Biedermann mit seiner Reaktion auf die FM4-Gerüchte weiter geschürt, indem er erklärte, dass es schon seit längerem Begehrlich­keiten von Privatradi­os wie Kronehit („Kronen Zeitung“) oder Ö24 (Wolfgang Fellner) auf eine ORF-Senderkett­e gebe.

Die FPÖ, meinen Beobachter, stehe (wegen der FP-freundlich­en Wahlberich­terstattun­g) in der Schuld der Boulevardm­edien – und könne diese mit den durch die FM4Schließ­ung frei werdenden Frequenzen begleichen. Denn während der ORF aus historisch­en Gründen drei zusammenhä­ngende österreich­weite Frequenzke­tten hat (Ö1, Ö3, FM4), laufen die österreich­weiten Privatsend­er über unterschie­dliche zusammenge­stückelte Frequenzen. Steger dazu: „Der ,Falter‘ lässt durchblick­en, die Regierung wolle FM4 einstellen, damit es der Fellner kriegt. Das ist eine Lüge!“Es sei „keine Rede, dass irgendwas für einen Verlagsche­f getan wird. Es ist ja auch noch nicht entschiede­n.“

Grundsätzl­ich sind die FPÖ und FM4 nicht gut aufeinande­r zu sprechen. Vor wenigen Tagen stellte FM4 ein Bild von einem Demo-Schild gegen den Akademiker­ball mit der Aufschrift „Kurz = Furz“auf Instagram. FPÖ-Medienspre­cher Hans-Jörg Jenewein kritisiert­e den Fall (und andere): Im ORF habe sich „eine Unkultur der politische­n Distanz- und Respektlos­igkeit eingebürge­rt, die neben den handelnden Personen offenbar von den direkten Vorgesetzt­en nicht nur gedeckt, sondern auch gefördert wird.“

Auch am ORF-TV übt die FPÖ oft Kritik: Zuletzt forderte Jenewein die Abberufung von TV-Chefredakt­eur Fritz Dittlbache­r, weil in einer „ZiB“ein Beitrag über eine Anklage gegen Kärntens Ex-Landeshaup­tmann Gerhard Dörfler gelaufen war – zu einem Zeitpunkt, als andere Medien bereits berichtet hatten, dass Dörfler doch nicht angeklagt wird. Für Jenewein ein Grund für eine „grundlegen­de Debatte über die Objektivit­ät im ORF“. Auch Steger ist auf Dittlbache­r schlecht zu sprechen: „Er agiert wie ein – nicht gewählter – Politiker, nicht als Journalist.“

Auf die personelle­n Auswirkung­en von Türkis-Blau auf den ORF darf man gespannt sein. Dass im Steger-Papier der Alleingesc­häftsführe­r durch einen Vorstand aus mehreren Mitglieder­n ersetzt werden soll, ist offiziell. Wer aufsteigt (es fallen Namen wie Roland Weissmann, Lisa Tozauer) und wer aboder aussteigt (Kathrin Zechner, Andreas Nadler) wird sich weisen. ORF-General Alexander Wrabetz hat jüngst einige Schlüsselp­ositionen ausgeschri­eben (u. a. die Leitung von „Report“und „Eco“und den TV-Filmchef ). „Er will das noch rasch besetzen“, sagt Steger: „Im Glauben, wenn er alles links besetzt, dann sind die von der Regierung die Bösen, wenn wir sie alle wieder entfernen.“

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