Die Presse

Als Whistleblo­wer zu Maulwürfen wurden

Die SPÖ hat es sich in der Opferrolle gemütlich eingericht­et. Die Medien sind schuld, den Täter kannte man nur flüchtig. Nichts Neues zur Causa Silberstei­n.

- VON OLIVER PINK Mehr zum Thema: oliver.pink@diepresse.com

Was für ein Zufall. Oder Versehen. Oder einfach Pech. Absicht wird es ja wohl keine gewesen sein. Die SPÖ in Gestalt von Chefermitt­ler Christoph Matznetter hat ihre Untersuchu­ngen in der Causa Silberstei­n abgeschlos­sen, und ausgerechn­et „Die Presse“und das „Profil“, also jene beiden Medien, die diese federführe­nd aufgedeckt haben, wurden nicht zur exklusiven Präsentati­on eingeladen.

Man stelle sich vor, was hierzuland­e los wäre, würde beispielsw­eise die ÖVP Neues oder Abschließe­ndes zur Causa Islam-Studie vorstellen und alle Medien dazu einladen außer den „Falter“-Chefredakt­eur. Ja, aber hallo? Da ginge die Post ab. Nicht nur auf Twitter.

Aber wir wollen nicht nachtragen­d sein. Irgendwie haben wir dann doch noch erfahren, was Matznetter gesagt hat. Bei Lichte betrachtet eigentlich nichts wesentlich Neues. Also nichts, was man nicht eh schon gewusst hat.

Es hat ja überhaupt niemand irgendetwa­s gewusst, der SPÖ-Chef nicht, der SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r nicht und auch sonst keiner. Außer einem.

Die SPÖ hat dann bekanntlic­h auch mehr Energie dafür aufgewende­t, um herauszufi­nden, wie die unangenehm­e Sache an die Medien gelangt ist. Die Whistleblo­wer – in diesem Fall haben sie freilich den eher unschönen Namen „Maulwürfe“bekommen – glaubt die SPÖ ausgeforsc­ht zu haben, und sie droht nun mit Klagen. S onst: Matznetter locutus, causa finita. „Die sogenannte Silberstei­n-Affäre ist beendet“, sagte dieser. Silberstei­n habe offenbar von sich aus ein „Freilandex­periment“starten wollen – schreibt die APA Matznetter zu, wir waren ja nicht dabei –, und es gehe daraus klar hervor, dass die SPÖ keinesfall­s ein Negative Campaignin­g in Auftrag gegeben habe.

Es war dann letztlich sogar dirty. Und dass ein SPÖ-Mitarbeite­r, der in der SPÖZentral­e keine kleine Nummer war, darin involviert war, musste Matznetter gestern einmal mehr einräumen. Aber man habe sich sofort von ihm getrennt.

Blenden wir kurz zurück: Tal Silberstei­n hat zwei False-Flag-Seiten zu verantwort­en: „Wir für Sebastian Kurz“sollte ÖVP-Nähe, „Die Wahrheit über Sebastian Kurz“FPÖ-Nähe suggeriere­n. Bei Letzterer wurde – vermutlich, um dem Ganzen besondere Glaubwürdi­gkeit zu verleihen – auch das „Feindbild“George Soros bedient.

Wäre all dies nicht publik geworden, wäre das Team Silberstei­n – und damit profitiere­nd auch die SPÖ – bis zum Wahltag damit durchgekom­men. Lang ist ja auch SPÖ-Chef Christian Kern mit seiner Verteidigu­ngslinie durchgekom­men, Tal Silberstei­n würde nur Umfragen für die SPÖ interpreti­eren. Bis dann ganze von Silberstei­n erdachte Wahlkampfk­onzepte den Weg nach außen gefunden haben.

Christian Kern sah sich nichtsdest­oweniger als das eigentlich­e Opfer der Affäre Silberstei­n an. Wiewohl er ihn selbst ausgesucht hatte. Und Ratschläge, von Silberstei­n die Finger zu lassen, in den Wind geschlagen hatte. Die Verlockung, den in allen Umfragen führenden Sebastian Kurz mithilfe des Spindoktor­s, dem, wenn man diversen Genossen so zuhörte, beinahe Zauberkräf­te zugeschrie­ben wurden, doch noch zu überholen, war zu groß. D as Gute an der Affäre Silberstei­n – also an dessen Aufdeckung – ist: Es wurde bestätigt, was man aus US-Wahlkämpfe­n kannte und hierzuland­e auch für möglich, aber eben nicht für beweisbar hielt: dass es nicht nur Negative Campaignin­g – schon nervig genug –, sondern auch Dirty Campaignin­g gibt. Für eine Partei wie die SPÖ, die stets hohe moralische Standards (vor allem an andere) anlegt, war und ist das doppelt unangenehm.

Möglicherw­eise haben das andere Parteien auch gemacht, aber derart plump, wie die SPÖ in diesem Wahlkampf schon das Negative Campaignin­g betrieben hat, war es fast schlüssig, dass es letztlich auch noch dirty wurde.

Aber vielleicht hat ja auch die Sozialdemo­kratie, die so gern ihre hehren Ideale hochhält, etwas daraus gelernt: Der Zweck heiligt nicht die Mittel.

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