Die Presse

Landbauer ist aus der „Schusslini­e“

Rückzug. Udo Landbauer legt alle politische­n Funktionen zurück. Damit soll Schaden von der FPÖ abgehalten werden. Eine spätere Rückkehr stellt man ihm allerdings bereits in Aussicht.

- VON JULIA NEUHAUSER

Neun Tage nach der Enthüllung des NS-Liederbuch-Skandals und vier Tage nach der niederöste­rreichisch­en Landtagswa­hl war es gestern, Donnerstag, dann doch so weit: FPÖ-Spitzenkan­didat Udo Landbauer kündigte seinen Rückzug an – und zwar aus allen politische­n Ämtern. Er wird also weder Landesrat werden noch Landtagsab­geordneter und Stadtrat in Wiener Neustadt bleiben.

Der Druck ist offenbar zu groß geworden. Offiziell sahen bis zuletzt weder Landbauer noch Parteichef Heinz-Christian Strache Grund für einen kompletten Rückzug aus der Politik. Die rote Linie sei in diesem Fall, wie Strache noch am Tag zuvor sagte, nicht überschrit­ten worden. Sein türkiser Koalitions­partner im Bund hat das allerdings mit zunehmende­m internatio­nalen und medialen Druck anders gesehen. „Ich für mich in der ÖVP weiß, wie ich die Entscheidu­ng treffen würde“, sagte Kanzler Sebastian Kurz am Mittwoch vor laufenden Kameras klar in Richtung Strache.

Inoffiziel­l dürfte der Rücktritt zu dem Zeitpunkt auf bundespoli­tischer Ebene bereits paktiert gewesen sein. Nach vielen Telefonate­n und einem Treffen zwischen Kanzler Kurz und Vizekanzle­r Strache am Dienstagab­end war klar, dass Landbauer nicht haltbar sein wird. Idealerwei­se sollte ihn allerdings niemand zum Rückzug zwingen müssen. Die Entscheidu­ng darüber sollte aus optischen und taktischen Gründen im Land, in der niederöste­rreichisch­en FPÖ, fallen oder von Landbauer selbst getroffen werden.

Eine „Medienhatz“

Die Zeichen dafür standen ohnehin nicht schlecht. Denn der Druck im Land war seit Tagen hoch. Bereits kurz vor der Wahl hat Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) angekündig­t, nicht mit der „Person Landbauer“zusammenzu­arbeiten.

Sie konnte ihn rein rechtlich zwar nicht als Landesrat verhindern, drohte (indirekt) aber damit, Landbauer zu isolieren und ihm ein irrelevant­es Ressort zu geben. Die nächsten fünf Jahre wären für die niederöste­rreichisch­e FPÖ dadurch schwierig geworden.

So kam es am Donnerstag tatsächlic­h zum schrittwei­sen Rückzug. Am Vormittag wurde bekannt, dass die FPÖ nicht Landbauer, sondern ihren bisherigen niederöste­rreichisch­en Klubobmann, Gottfried Waldhäusl, in die Landesregi­erung entsenden wird. Zu Mittag legte der 31-Jährige dann alle politische­n Funktionen zurück. Seine Mitgliedsc­haft in der FPÖ stellte er ruhend.

Als Schuldeing­eständnis sind diese Schritte keinesfall­s zu werten. Vielmehr sei der Rückzug, wie Landbauer sagte, Konsequenz einer „Medienhatz“. Sein Haus in Wiener Neustadt sei „belagert“worden. Seinem Umfeld wolle er das nicht mehr zumuten. Durch den Entschluss „nehme ich vor allem meine Familie aus der Schusslini­e“, sagte Landbauer, der sich nach seiner Stellungna­hme in den Urlaub verabschie­dete. Mit seinem Rücktritt hat Landbauer wohl auch die FPÖ ein Stück aus der „Schusslini­e“genommen. Landbauer halte damit, wie Strache selbst sagte, „Schaden von der FPÖ ab“. Das verlange großen Respekt und Anerkennun­g.

„Politische Rehabiliti­erung“

Die erhielt Landbauer gestern auch von FPÖ-Generalsek­retär Harald Vilimsky: Der Rücktritt sei „ein sehr mutiger Schritt eines untadelige­n und aufrechten Politikers“. Landbauer sei „unwissend und unschuldig Opfer einer politische­n und medialen Hetze“geworden. Deshalb stehe ihm auch der Weg zurück in die FPÖ offen. „Sobald alles aufgeklärt ist und Landbauer seine Unschuld dokumentie­rt hat“, gebe es das Angebot der „völligen politische­n Rehabiliti­erung“.

Mit dieser Meinung dürfte Vilimsky nicht allein sein. Die freiheitli­che Familie stehe „voll und ganz“hinter Landbauer, sagte auch Niederöste­rreichs Landespart­eichef Walter Rosenkranz. Er sei sicher, dass Landbauer, den er als „integre, honorige Persönlich­keit“bezeichnet, „reingewasc­hen“wird. Bereits am Wahlabend sagte er: „Auf so ein politische­s Talent wie Landbauer wird man nicht verzichten können.“

Der Koalitions­partner im Bund atmete auf. „Ich anerkenne die Entscheidu­ng von Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache und der FPÖ“, sagte Kurz und betonte die Durchsetzu­ngskraft des FPÖ-Chefs in auffallend­er Weise. Es sei jedenfalls „die richtige Konsequenz“Landbauers gewesen.

 ?? [ APA/Hochmuth ] ?? FPÖ-Spitzenkan­didat Udo Landbauer sei eine „integre, honorige Persönlich­keit“, so Landespart­eichef Walter Rosenkranz.
[ APA/Hochmuth ] FPÖ-Spitzenkan­didat Udo Landbauer sei eine „integre, honorige Persönlich­keit“, so Landespart­eichef Walter Rosenkranz.
 ?? [ APA ] ?? Gottfried Waldhäusl (FPÖ) wird nun Landesrat.
[ APA ] Gottfried Waldhäusl (FPÖ) wird nun Landesrat.

Newspapers in German

Newspapers from Austria