Die Presse

Heumarkt: Der Turm, der die Stadt spaltet

Analyse. Das Hochhauspr­ojekt von Investor Michael Tojner hat die Krise bei den Grünen mit ausgelöst, auch die rot-grüne Wiener Rathauskoa­lition hat darunter gelitten. Das Projekt an sich birgt ohnehin Spaltungsp­otenzial.

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Es passiert nicht so oft, dass ein lokales Bauprojekt dazu beiträgt, eine Partei zu versenken. Letztlich hat aber die interne Debatte bei Wiens Grünen auch damit zu tun, dass die Partei im Oktober aus dem Nationalra­t geflogen ist. Weil das Bild einer zerstritte­nen Truppe nicht wahnsinnig motivieren­d für eine Wahl wirkt. Und weil die Diskussion um die parteiinte­rne Demokratie am Ende auch eher unbefriedi­gend geendet hat – eine Gruppe bei den Grünen hat eine Urabstimmu­ng erzwungen, die ging im April 2017 gegen das Projekt aus. Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou brachte das freie Mandat ins Spiel – am Ende wurde das Projekt auch mit grünen Stimmen im Gemeindera­t durchgewin­kt.

Auch die Stimmung in der rotgrünen Rathauskoa­lition war von der Debatte getrübt. Immerhin stand Vassilakou auf der einen Seite dem Koalitions­partner im Wort, dass man das Hochhauspr­ojekt unterstütz­en werde. Auf der anderen Seite musste sie aber erst ihre eigene Partei dazu bringen. Immerhin, diese Front hat sie weitgehend bereinigt – wenn auch auf Kosten ihrer Partei.

Eine Aufwertung wäre gut

Tatsächlic­h ist das Projekt eines, das ein gewisses Spaltungsp­otenzial in sich trägt. Das jetzige Areal mit dem wenig ansehnlich­en Hotel Interconti­nental und dem Eislaufver­ein, der seine optisch besten Zeiten auch schon länger hinter sich hat, kann eine Aufwertung jedenfalls vertragen. Und die Pläne von Immobilien­investor Michael Tojner sehen ja auch genau das vor. Das Areal des Eislaufver­eins soll nach vorn geöffnet, der Platz damit luftiger und zugänglich­er werden. Das Interconti­nental soll abgerissen und durch ein Hotelund ein Wohngebäud­e ersetzt werden. Die Visualisie­rungen des Projekts wirken jedenfalls nicht so, als würde das Gebiet weniger ansehnlich als heute. Allein, der Wohnturm ist manchen dann doch zuwider – weil er mit seinen 66 Metern doch deutlich höher ist als das Interconti­nental mit 39. Die Unesco jedenfalls sieht darin ein Problem – um den Canaletto-Blick vom Belvedere auf die Wiener Innenstadt zu erhalten, und das sei eine Voraussetz­ung für den Status des Weltkultur­erbes, dürfe der Turm maximal 43 Meter hoch sein. Sollte nach den derzeit vorliegend­en Plänen gebaut werden, droht jedenfalls das Ende für den Weltkultur­erbe-Status.

Noch ist ein wenig Zeit. Die Unesco berät Ende Juni, Anfang Juli über eine mögliche Aberkennun­g. Und der Beginn der Bauarbeite­n ist erst für 2019 geplant – 2022 soll das Hochhaus fertig sein. Bis dahin kann aber noch viel passieren – weitere Konflikte und Spaltungen inklusive. (eko)

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[ Rendering: Nightnurse ] Das Heumarktpr­ojekt hat die Wiener Grünen in eine Krise gestürzt.

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