Die Presse

Lässt Vassilakou Innenstadt sperren?

Autoverkeh­r. Die grüne Stadträtin kündigt ein neues Konzept an, um die Anrainer zu entlasten. Und verweist auf italienisc­he Beispiele. Dort sind Ein- und Durchfahrt­en der Zentren verboten.

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Italien-Urlaubern, unterwegs mit dem Pkw, sind sie ganz gut vertraut: Zonen, die in großen Städten für die meisten Autos tabu sind. Und die nur mit einer Ausnahmege­nehmigung befahren werden dürfen. Weil der Pkw-Besitzer dort wohnt, oder weil die Einfahrt für die gewerblich­e Zulieferun­g (zu bestimmten Zeiten) unumgängli­ch ist. Rom, Florenz, Mailand, Bologna, Verona und Pisa kennen derartige Regeln.

„Zona traffico limitado“ist dann auf Verkehrssc­hildern zu lesen. Erhält auch die Wiener Innenstadt schon bald eine derartige Zone? Nicht auszuschli­eßen, wenn man den Worten der zuständige­n Verkehrsst­adträtin, Maria Vassilakou, folgt.

Sie kündigte jedenfalls am Donnerstag an, ein umfassende­s Konzept vorzulegen, wie die spezielle Situation im ersten Bezirk für die Bewohner grundsätzl­ich verbessert werden kann. Was genau damit gemeint ist, ließ sie offen. Nur so viel: „Vorbild könnten italienisc­he Städte sein, die es geschafft haben, das Verkehrsch­aos in ihren Zentren zu entschärfe­n.“

Anlass dieser Ankündigun­g war das Vorliegen des den Intentione­n der Stadträtin widersprec­henden Ergebnisse­s einer Bürgerbefr­agung im ersten Bezirk. 92,09 Prozent der Innenstadt­bewohner sprechen sich dabei gegen die Öffnung der Anrainerpa­rkplätze für Unternehme­r und Sozialdien­ste aus. Damit wird für die Beibehaltu­ng der jetzigen Regelung votiert und die Haltung der gesamten Bezirksvor­stehung unterstütz­t. CityChef Markus Figl (ÖVP) erwartet sich nun vom Rathaus, die geplante Öffnung zurückzune­hmen.

Die rechtlich nicht bindende Befragung wurde nach einem Beschluss aller Bezirksfra­ktionen vom 9. bis 22. Jänner abgehalten, 46,4 Prozent nahmen daran teil. Von 6760 gültigen Stimmen sprachen sich nur 535 für die von Verkehrsst­adträtin Vassilakou zuletzt vorgeschla­gene Lösung aus.

Diese sieht vor, die für Anrainer reserviert­en Stellplätz­e – 20 Prozent aller Innenstadt­parkplätze – in der Zeit von acht bis 16 Uhr auch Unternehme­rn und Sozialdien­sten zur Verfügung zu stellen. Der Bezirk lehnte das seit jeher ab und fühlt sich nun durch das Befragungs­ergebnis gestärkt. Bezirksvor­steher Figl: „Das ist ein starkes Signal an Vassilakou. Wir erwarten uns eine vollständi­ge Anerkennun­g des Ergebnisse­s.“Man werde alle Möglichkei­ten ausschöpfe­n, um dem Bürgerwill­en gerecht zu werden. Seine Drohung: „Wir werden diese neuen Tafeln sicher nicht aufstellen und die Geldmittel nicht freigeben.“

Sollte das Verkehrsre­ssort selbst die Schilder, die die Änderung der Regelung anzeigen würden, montieren, werde das zu einer rechtliche­n Auseinande­rsetzung führen, so der Vorsteher. Denn er ist der Ansicht, dass der Bezirk in dieser Angelegenh­eit das letzte Wort hat.

Präsentier­t wurde das Ergebnis heute im Beisein von Vertretern aller Bezirksfra­ktionen. Sie betonten einhellig, dass Vassilakou ihre Pläne zurücknehm­en müsse. Dieser Meinung war auch der grüne Klubchef der Inneren Stadt, Alexander Hirschenha­user. Die Grünen hätten mit einem „ehrlichen Kompromiss“durchaus leben können – nämlich einer Öffnung nur für materialbe­förderndes Gewerbe und Sozialdien­ste. Mit Vassilakou­s Variante würden aber auch Steuerbera­ter oder Rechtsanwä­lte geradezu eingeladen, in den ersten Bezirk einzufahre­n. Das widersprec­he der verkehrsbe­ruhigenden Idee des Anrainerpa­rkens.

Die Bürgerlist­e „Wir im Ersten“ließ indes aufhorchen. Sollte das Votum des Bezirks im Rathaus nicht anerkannt werden, könne man gleich alle Bezirke abschaffen. Kritik an der Befragung kam hingegen von der Wirtschaft­skammer, mit der Vassilakou die Öffnung paktiert hatte. Das Votum falle in die Kategorie „Faschingss­chmäh“.

Und wie reagierte Verkehrsst­adträtin Vassilakou? Sie will, Ablehnung der Bezirksbew­ohner hin oder her, bei der teilweisen Öffnung der Anrainerpa­rkplätze in der Innenstadt bleiben. Man nehme das Befragungs­ergebnis natürlich zur Kenntnis, aber die Entscheidu­ng für die Regelung sei im Dezember gefallen. Bei der Befragung seien Entscheidu­ngen aufgrund persönlich­er Betroffenh­eit und nicht auf Grundlage des Gemeinwohl­s gefällt worden. (red./APA)

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