Die Presse

Filmpreis: Appelle gegen Gift und ein Drogendram­a als Abräumer

Gala. Die Verleihung des Österreich­ischen Filmpreise­s in Grafenegg war geprägt von politische­n Botschafte­n. Großer Sieger wurde „Die beste aller Welten“.

- VON KATRIN NUSSMAYR

Es war der gefühlte Höhepunkt der Gala: Lukas Miko, gerade als Bester Nebendarst­eller für seine Rolle in „Die beste aller Welten“geehrt, bedankte sich artig, drückte seine Trophäe einem verdutzten Moderator Christoph Grissemann in die Hand und drehte sich wieder zum Mikrofon hin. Er wolle nicht als Preisträge­r sprechen, sondern im Namen von 248 Filmschaff­enden. 248 Filmschaff­ende nämlich, die einen Aufruf unterschri­eben haben – „gegen Verhetzung und Entsolidar­isierung“.

Unter dem Titel „|KlappeAuf“beklagen sie in einer gemeinsame­n Erklärung, die Miko bei der Filmpreisg­ala am Mittwochab­end in Grafenegg verlesen hat, dass die FPÖ, aber auch Politiker anderer Parteien „das Gift der Angst, des Neides und des Hasses“in unsere Gesellscha­ft spritzen und damit den Nährboden für Gewalt bereiten würden. Zudem fordern sie die ÖVP-Regierungs­mitglieder auf, „die Zusammenar­beit mit allen Mitglieder­n deutschnat­ionaler Burschensc­haften und anderer rechtsextr­emer Organisati­onen sofort zu beenden“.

Die Liste der Unterschri­ften unter dem Appell liest sich wie ein Who’s who der österreich­ischen Filmbranch­e. Dabei hatten die Organisato­ren – darunter etwa die Regisseuri­n Ruth Beckermann, die ihren Protest auch bei der kommenden Berlinale artikulier­en will – nur zwei Tage Zeit, um Unterstütz­er anzuwerben. Wer nicht mehr unterschre­iben konnte, hatte die Möglichkei­t, mit farbigen Armbändern seine Solidaritä­t zu bekunden: „Gegen Gift“oder „Für eine offene Gesellscha­ft“stand auf den Bändern, die an dem Abend in Grafenegg verteilt wurden.

Für Mikos Brandrede gab es Standing Ovations und großen Jubel im Saal – bei einer Gala, die offiziell unter dem Motto „Into the Future“stand, tatsächlic­h aber von Botschafte­n für Toleranz und gegen Machtmissb­rauch geprägt war. So bedankte sich Verena Altenberge­r, die – ebenfalls für den Film „Die Beste aller Welten“– als Beste Hauptdarst­ellerin gewann, für „ein Set, das zu hundert Prozent angstfrei war“, bei dem kein Machtgefäl­le die Arbeit beeinfluss­te. „So möchte ich arbeiten, so möchte ich spielen“, sagte die sichtlich bewegte Schauspiel­erin.

Innenpolit­ik und die Debatte um Sexismus in der Filmindust­rie waren auch in der launigen Moderation von Hilde Dalik und Christoph Grissemann präsent. Er habe gelesen, Dalik sei die Lieblingss­chauspiele­rin von Sebastian Kurz, sagte Grissemann zu Be-

Fünf Preise gingen an „Die beste aller Welten“von Adrian Goiginger: Bester Spielfilm, Beste Regie, Bestes Drehbuch, Beste Hauptdarst­ellerin (Verena Altenberge­r), Bester Nebendarst­eller (Lukas Miko). Auch „Licht“von Barbara Albert gewann fünf Preise: Beste Nebendarst­ellerin (Maresi Riegner), Kamera, Kostümbild, Maske, Szenenbild. „Untitled“von Michael Glawogger und Monika Willi wurde bester Dokumentar­film und gewann in den Kategorien Musik, Schnitt und Tongestalt­ung. Bester Hauptdarst­eller wurde Lars Eidinger („Die Blumen von gestern“), bester Kurzfilm „Mathias“von Clara Stern. ginn – worauf diese entgegnete: „Lustig. Er ist auch mein Lieblingss­chauspiele­r!“Weniger harmlos muteten die Anspielung­en auf MeToo-Fälle an: In einer angedeutet­en Versteiger­ung zugunsten österreich­ischer Frauenhäus­er präsentier­ten die Moderatore­n scherzhaft etwa einen „offenen Bademantel von Dieter Wedel“. Dem deutschen Regisseur wird sexueller Missbrauch vorgeworfe­n.

„Willkommen Österreich“-Chefredakt­eur Mathias Zsutty zeichnete für die Gags verantwort­lich, inszeniert hat den Abend die Regisseuri­n Mirjam Unger – im Science-Fiction-Stil, mit riesigen Diskokugel­n, treibenden Bässen des Elektropun­k-Trios Gudrun von Laxenburg und Ausschnitt­en aus dem Film „1. April 2000“(1952), der die imaginiert­e Zukunft einer traumatisi­erten Nachkriegs­gesellscha­ft zeigt. Inmitten dieses Stilmixes (als Dresscode galt die Glam-Mode der 70er) ging der Überraschu­ngsgast des Abends ziemlich unter: Max Grodenchik,´ mittlerwei­le in Oberösterr­eich lebender US-Schauspiel­er und bekannt vor allem aus „Star Trek“-Serien, durfte zwei Kuverts öffnen und Preisträge­r verkünden.

Apropos Preise: Die 16 Kategorien, in denen die Akademie des Österreich­ischen Films je einen Sieger wählte, teilten sich drei Filme fast komplett untereinan­der auf. Großer Sieger des Abends war Adrian Goigingers Kindheitsd­rogendrama „Die beste aller Welten“, zahlreich prämiert wurden auch Barbara Alberts „Licht“und die Doku „Untitled“des verstorben­en Michael Glawogger und seiner langjährig­en Cutterin Monika Willi.

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