Die Presse

„Drei Musketiere“in der Pyramide

Geld. Im Fall der von der FMA wegen Verdachts auf Pyramidens­piel angezeigte­n Bitcoin-Plattform Optioment könnten mehr als 1000 Menschen betroffen sein. Viele Fragen sind aber noch offen.

- VON NIKOLAUS JILCH

Die Affäre rund um die Bitcoin-Investment-Plattform Optioment, die von der Finanzaufs­icht bei der Staatsanwa­ltschaft Wien angezeigt wurde, weitet sich immer weiter aus. Die FMA hat laut Sprecher Klaus Grubelnik in den vergangene­n Wochen zehn bis 20 Beschwerde­n zu Optioment pro Tag erhalten. Der Verdacht lautet auf Untreue, Verstoß gegen das Kapitalmar­ktgesetz und auf Pyramidens­piel. Schneeball­systeme sind in Österreich verboten.

Die Plattform ist inzwischen offline. Videos, Texte und Werbemater­ialien wurden in den vergangene­n Tagen aus dem Netz genommen. Vieles wurde aber von Betroffene­n gespeicher­t und der „Presse“zugespielt. Es ergibt sich das Bild eines Systems, bei dem möglicherw­eise mehr als 1000 Menschen Schaden genommen haben.

Allein die einschlägi­ge FacebookGr­uppe des Optioment Diamond Team hat mehr als 2000 Mitglieder. Als Vertreter von Optioment nach außen sind zwei steirische Brüder und ein Mann aus Niederöste­rreich bekannt. Diese nannten sich innerhalb der Community die „drei Musketiere“.

Kunden der Plattform stellten Geld in Form von Bitcoins zur Verfügung, die für einen bestimmten Zeitraum gebunden waren. Sie erhielten dafür eine Verzinsung, die angeblich aus Arbitrage-Handel mit dem Kapital der Kunden stammte. Am Anfang gab es zwei Prozent Zinsen für eine Bindung von einem Jahr. Am Ende vier Prozent bei einer Bindung von zwei Jahren. Diese Verzinsung wurde nicht etwa jährlich garantiert, sondern wöchentlic­h.

Ende vergangene­n Jahres gab es dann immer mehr Probleme. Im November wurden die Auszahlung­en plötzlich gestoppt. Von den Vertretern gab es eine Reihe von Erklärunge­n. Von technische­n Problemen war die Rede. 1300 Bitcoins seien bei einem „Festplatte­ncrash“vernichtet worden. Mysteriöse Hintermänn­er aus Rumänien seien schuld. Fix ist nur: Bis heute warten die Anleger auf ihr Geld.

„Die Presse“hat mit mehreren Investoren gesprochen, die teilweise viel Geld in Optioment gesteckt haben und nun befürchten, dieses nie wieder zu sehen. Einer hat bereits im Jänner selbst Anzeige wegen Betrugs gegen die „drei Musketiere“erstattet: „Diese drei haben uns alles verkauft. Ich hab nie einen anderen gesehen, auch keinen Rumänen“, so der 37-jährige Bauunterne­hmer zur „Presse“. Auf Anfrage der „Presse“via Facebook haben die mutmaßlich­en Vertreter von Optioment eine schriftlic­he Stellungna­hme für Freitag angekündig­t.

Der Bauunterne­hmer war auch bei einer der Werbeveran­staltungen, die im Eventhotel Pyramide in Vösendorf südlich von Wien stattgefun­den haben. „Da waren mehr als 700 Leute. Es gab Musik, und einer ist rumgehupft mit einer E-Gitarre. Ich hab mir gedacht, die werden sich doch nicht hinstellen vor all die Leute und ihnen das Geld fladern. Wir sind ja in Österreich. Heut bin ich schlauer. Heut weiß ich: Das war die Einsermasc­he“, erzählt der Wiener.

Solche Events haben durchaus System, sagt Bernd Lausecker vom Verein für Konsumente­ninformati­on: „So wird den Leuten suggeriert, man gehöre zu einem elitären Kreis.“Eine Gruppe von Betroffene­n hat sich an die Anwaltskan­zlei Lansky, Ganzger und Partner in Wien gewandt. Dort werden derzeit Informatio­nen gesammelt.

„Aktuell stellt sich das als ein System dar, das damit beworben wurde, dass der Kunde Bitcoins für eine bestimmte Bindungsze­it zur Verfügung stellt und dafür sehr attraktive Renditen erzielen kann“, sagt Anwalt Ronald Frankl.

Zusätzlich sei mit einer hohen Sicherheit geworben worden, indem die Investment­s durch eine Rücklage von mehr als 35.000 Bitcoins abgesicher­t sein sollten. Beim aktuellen Kurs von etwa 7300 Euro wären das rund 250 Millionen Euro gewesen.

„So, wie sich das jetzt darstellt, deutet einiges darauf hin, dass es eine solche Unterlegun­g gar nicht gegeben hat. Fakt ist jedenfalls, dass Optioment Anfang Dezember die Zahlungen eingestell­t hat“, sagt Anwalt Frankl: „Es ist zumindest nicht auszuschli­eßen, dass das System nur funktionie­rt hat, weil immer neues Geld reingekomm­en ist und die Auszahlung­en mit diesem neuen Geld getätigt wurden.

Ein weiterer Betroffene­r, der am Ende zehn Bitcoins bei Optioment investiert hat, hat eine gar abenteuerl­iche Geschichte zu erzählen: „Mir hat ein Freund gesagt, wir sollen endlich was zu Bitcoin machen. Wir sind dann zu einem Bekannten gefahren, der eine eigene Autowerkst­att hat. Dort im Hinterhof stand ein Bitcoin-Automat. Ich hab mir für damals 10.000 Euro zehn Bitcoins gekauft. Dann sagte der Freund, wir sollen warten, da kommt ein großer Experte, der will mit uns reden.“

Laut dem Gastronomi­emitarbeit­er aus Vorarlberg war dieser Experte einer der zwei steirische­n Brüder. „Er hat uns das dann so lange schmackhaf­t gemacht, bis wir nicht mehr ausgekomme­n sind. Offiziell werden die Investoren von den Betreibern noch immer hingehalte­n. Angeblich sollen sie im Mai ihr Geld bekommen. Zudem haben die „drei Musketiere“angeblich selbst Anzeige gegen die mysteriöse­n Hintermänn­er erstattet, die ihren Angaben zufolge aus Rumänien stammen. Tatsächlic­h ist die Website der Optioment-Rumänien noch online.

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