„Drei Musketiere“in der Pyramide
Geld. Im Fall der von der FMA wegen Verdachts auf Pyramidenspiel angezeigten Bitcoin-Plattform Optioment könnten mehr als 1000 Menschen betroffen sein. Viele Fragen sind aber noch offen.
Die Affäre rund um die Bitcoin-Investment-Plattform Optioment, die von der Finanzaufsicht bei der Staatsanwaltschaft Wien angezeigt wurde, weitet sich immer weiter aus. Die FMA hat laut Sprecher Klaus Grubelnik in den vergangenen Wochen zehn bis 20 Beschwerden zu Optioment pro Tag erhalten. Der Verdacht lautet auf Untreue, Verstoß gegen das Kapitalmarktgesetz und auf Pyramidenspiel. Schneeballsysteme sind in Österreich verboten.
Die Plattform ist inzwischen offline. Videos, Texte und Werbematerialien wurden in den vergangenen Tagen aus dem Netz genommen. Vieles wurde aber von Betroffenen gespeichert und der „Presse“zugespielt. Es ergibt sich das Bild eines Systems, bei dem möglicherweise mehr als 1000 Menschen Schaden genommen haben.
Allein die einschlägige FacebookGruppe des Optioment Diamond Team hat mehr als 2000 Mitglieder. Als Vertreter von Optioment nach außen sind zwei steirische Brüder und ein Mann aus Niederösterreich bekannt. Diese nannten sich innerhalb der Community die „drei Musketiere“.
Kunden der Plattform stellten Geld in Form von Bitcoins zur Verfügung, die für einen bestimmten Zeitraum gebunden waren. Sie erhielten dafür eine Verzinsung, die angeblich aus Arbitrage-Handel mit dem Kapital der Kunden stammte. Am Anfang gab es zwei Prozent Zinsen für eine Bindung von einem Jahr. Am Ende vier Prozent bei einer Bindung von zwei Jahren. Diese Verzinsung wurde nicht etwa jährlich garantiert, sondern wöchentlich.
Ende vergangenen Jahres gab es dann immer mehr Probleme. Im November wurden die Auszahlungen plötzlich gestoppt. Von den Vertretern gab es eine Reihe von Erklärungen. Von technischen Problemen war die Rede. 1300 Bitcoins seien bei einem „Festplattencrash“vernichtet worden. Mysteriöse Hintermänner aus Rumänien seien schuld. Fix ist nur: Bis heute warten die Anleger auf ihr Geld.
„Die Presse“hat mit mehreren Investoren gesprochen, die teilweise viel Geld in Optioment gesteckt haben und nun befürchten, dieses nie wieder zu sehen. Einer hat bereits im Jänner selbst Anzeige wegen Betrugs gegen die „drei Musketiere“erstattet: „Diese drei haben uns alles verkauft. Ich hab nie einen anderen gesehen, auch keinen Rumänen“, so der 37-jährige Bauunternehmer zur „Presse“. Auf Anfrage der „Presse“via Facebook haben die mutmaßlichen Vertreter von Optioment eine schriftliche Stellungnahme für Freitag angekündigt.
Der Bauunternehmer war auch bei einer der Werbeveranstaltungen, die im Eventhotel Pyramide in Vösendorf südlich von Wien stattgefunden haben. „Da waren mehr als 700 Leute. Es gab Musik, und einer ist rumgehupft mit einer E-Gitarre. Ich hab mir gedacht, die werden sich doch nicht hinstellen vor all die Leute und ihnen das Geld fladern. Wir sind ja in Österreich. Heut bin ich schlauer. Heut weiß ich: Das war die Einsermasche“, erzählt der Wiener.
Solche Events haben durchaus System, sagt Bernd Lausecker vom Verein für Konsumenteninformation: „So wird den Leuten suggeriert, man gehöre zu einem elitären Kreis.“Eine Gruppe von Betroffenen hat sich an die Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger und Partner in Wien gewandt. Dort werden derzeit Informationen gesammelt.
„Aktuell stellt sich das als ein System dar, das damit beworben wurde, dass der Kunde Bitcoins für eine bestimmte Bindungszeit zur Verfügung stellt und dafür sehr attraktive Renditen erzielen kann“, sagt Anwalt Ronald Frankl.
Zusätzlich sei mit einer hohen Sicherheit geworben worden, indem die Investments durch eine Rücklage von mehr als 35.000 Bitcoins abgesichert sein sollten. Beim aktuellen Kurs von etwa 7300 Euro wären das rund 250 Millionen Euro gewesen.
„So, wie sich das jetzt darstellt, deutet einiges darauf hin, dass es eine solche Unterlegung gar nicht gegeben hat. Fakt ist jedenfalls, dass Optioment Anfang Dezember die Zahlungen eingestellt hat“, sagt Anwalt Frankl: „Es ist zumindest nicht auszuschließen, dass das System nur funktioniert hat, weil immer neues Geld reingekommen ist und die Auszahlungen mit diesem neuen Geld getätigt wurden.
Ein weiterer Betroffener, der am Ende zehn Bitcoins bei Optioment investiert hat, hat eine gar abenteuerliche Geschichte zu erzählen: „Mir hat ein Freund gesagt, wir sollen endlich was zu Bitcoin machen. Wir sind dann zu einem Bekannten gefahren, der eine eigene Autowerkstatt hat. Dort im Hinterhof stand ein Bitcoin-Automat. Ich hab mir für damals 10.000 Euro zehn Bitcoins gekauft. Dann sagte der Freund, wir sollen warten, da kommt ein großer Experte, der will mit uns reden.“
Laut dem Gastronomiemitarbeiter aus Vorarlberg war dieser Experte einer der zwei steirischen Brüder. „Er hat uns das dann so lange schmackhaft gemacht, bis wir nicht mehr ausgekommen sind. Offiziell werden die Investoren von den Betreibern noch immer hingehalten. Angeblich sollen sie im Mai ihr Geld bekommen. Zudem haben die „drei Musketiere“angeblich selbst Anzeige gegen die mysteriösen Hintermänner erstattet, die ihren Angaben zufolge aus Rumänien stammen. Tatsächlich ist die Website der Optioment-Rumänien noch online.