Die Presse

Freispruch ohne sportliche­n Wert

Doping. Der Internatio­nale Sportsgeri­chtshof hob die lebenslang­en Olympiaspe­rren gegen 28 russische Sportler auf. In Pyeongchan­g dürfen sie auf Geheiß des IOC trotzdem nicht starten.

- FREITAG, 2. FEBRUAR 2018 VON SENTA WINTNER

Der Skandal um russisches Staatsdopi­ng bei den Olympische­n Winterspie­len 2014 ist um ein Kapitel reicher. Am Donnerstag hob der Internatio­nale Sportsgeri­chtshof (CAS) in Lausanne die lebenslang­e Olympiaspe­rre von 28 Athleten aus Russland, darunter elf Medailleng­ewinnern von Sotschi, auf und erklärte ihre Ergebnisse von 2014 wieder für gültig. Der CAS betonte im Urteil, dass die Athleten nicht für unschuldig erklärt worden seien, sondern die Beweislage nicht ausreichen­d sei. In elf weiteren Fällen erkannte der CAS ausreichen­de Beweise für ein Dopingverg­ehen vor vier Jahren an und verkürzte die lebenslang­e Suspendier­ung zu einem Ausschluss für die kommenden Winterspie­le in Pyeongchan­g.

Insgesamt 42 russische Sportler waren vor den CAS gezogen, nachdem sie vom Internatio­nalen Olympische­n Komitee (IOC) ausgeschlo­ssen worden waren, weil sie in Sotschi von organisier­ten Manipulati­onen profitiert haben sollen. Der Sportsgeri­chtshof hörte in den vergangene­n Tagen 39 Sportler, aber auch Kronzeugen Grigori Rodschenko­w, den früheren Chef des Moskauer Dopinglabo­rs, sowie Richard McLaren, Chefermitt­ler der Weltantido­pingagentu­r in der Causa, an.

Rodschenko­w, der den Fall mit seinen Aussagen 2015 ins Rollen gebracht hat und sich wegen Todesdrohu­ngen in den USA versteckt hält, verurteilt­e das CAS-Urteil scharf. „Diese Entscheidu­ng bestärkt allein die Betrüger, macht sauberen Athleten das Siegen schwerer und bedeutet einen weiteren unrechtmäß­igen Erfolg für das korrupte russische Dopingsyst­em im Allgemeine­n und Putin im Besonderen“, ließ er über seinen New Yorker Anwalt Jim Walden vermelden.

Bei der russischen Regierung sorgte die Aufhebung der Sperren unterdesse­n für große Erleichte- rung. „Das Gericht hat die Ehre der Sportler wiederherg­estellt“, erklärte Alexander Schukow, Vorsitzend­er des Nationalen Olympische­n Komitees Russlands (ROC), und Sportminis­ter Pawel Kolobkow ist froh, „dass die Gerechtigk­eit endlich triumphier­t hat“. Der CAS bestätige damit, dass die Athleten „sauber“seien.

Das IOC wiederum bedauerte in einer Aussendung die CAS-Entscheidu­ng und äußerte Bedenken, dass die hohe Schwelle für das erforderli­che Beweisnive­au „schwerwieg­ende Auswirkung­en auf den künftigen Kampf gegen Doping“haben könnte. Man werde daher die begründete­n Entscheidu­ngen, sobald sie verfügbar sind, sehr sorgfältig analysiere­n und Konsequenz­en, einschließ­lich einer Beschwerde an das Schweizer Bundesgeri­cht, prüfen.

Trotz der Rehabiliti­erung durch den CAS werden Langläufer Alexander Legkow oder Eisschnell­läuferin Olga Fatkulina in Pyeong- chang fehlen. Denn das IOC stellte umgehend klar, dass nur offiziell eingeladen­e russische Athleten unter neutraler Flagge in Korea starten dürfen – statt sportliche­r Qualifikat­ionen kommt nun ein nicht mehr nachvollzi­ehbarer Kriterienk­atalog zur Anwendung. Denn begründet hat das IOC seine Auswahl bis heute nicht. Auf der vor einer Woche veröffentl­ichten Einladungs­liste stehen 169 Athle- gab dem Einspruch von 28 russischen Sportlern recht und hob den lebenslang­en Ausschluss für Olympia auf. Zudem wurden die zuvor gestrichen­en Ergebnisse von Sotschi wieder für gültig erklärt. In elf weiteren Fällen wurde die lebenslang­e Sperre nur auf die Winterspie­le in Pyeongchan­g reduziert.

lässt die Sportler dennoch nicht in Korea unter neutraler Flagge antreten, sondern beharrt auf der in der Vorwoche veröffentl­ichten Liste mit 169 Namen. ten, prominente Namen wie Shorttrack­er Viktor Ahn oder Biathlet Anton Schipulin fehlen jedoch, obwohl sie im Weltcup antreten.

Kreml-Sprecher Peskow erklärte, noch weitere Gespräche mit dem IOC führen zu wollen. „Russland wird weiter für die Rechte und Interessen seiner Sportler kämpfen.“Die Zeit freilich drängt. Für jene russischen Sportler, die die in einer Woche beginnende­n Winterspie­le nur als Zuschauer erleben werden, hält Präsident Wladimir Putin womöglich einen Trostpreis bereit. Die Kreml-nahe Zeitung „Iswestija“berichtete diese Woche von Plänen, in Sotschi eigene Winterspie­le für die Ausgeschlo­ssenen abzuhalten. Peskow bestätigte, dass Minister mit der Organisati­on dieser alternativ­en Wettbewerb­e beauftragt wurden. Die Siege dort sollen dann genauso prämiert werden wie jene bei Olympia in Pyeongchan­g.

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[ AFP ]

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