Die Presse

Warum Österreich attraktive­re Politiker als Deutschlan­d hat

Im Fußball mag uns der große Nachbar deutlich überlegen sein. Bei der Qualität des politische­n Spitzenper­sonals ist es derzeit eher umgekehrt.

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Für das Nachrichte­nmagazin „Profil“ist Sebastian Kurz „einer der besten Politiker Europas“. Gemessen daran, dass Schwarz-Blau für dieses Magazin einst „Die Schande Europas“war, tönt es nun ein bisschen nach „Basti, ich will ein Kind von dir“-Schwärmere­i, ist aber im Kern richtig. Auch nach den ersten Wochen im Amt macht der neue Bundeskanz­ler einen guten Eindruck. Sein Handling der ersten Krise beim Koalitions­partner ist durchaus profession­ell.

Das wird besonders gut sichtbar im Vergleich mit seiner deutschen Regierungs­kollegin, die gerade mit letzter Kraft die Betonplatt­en der Großen Koalition über Deutschlan­d zusammenzu­schieben versucht, um noch ein paar letzte Jahre weitermerk­eln zu können – bar jedes Gestaltung­swillens außer jenem, im Amt verbleiben zu können. Für „eine der besten Politikeri­nnen Europas“hält Merkel kein Mensch mehr, was von ihr bleiben wird, ist eine der wirkmächti­gsten Fehlentsch­eidungen (Herbst 2015), die je ein deutscher Bundeskanz­ler zu verantwort­en hatte.

Aber nicht nur im Vergleich der Regierungs­chefs erscheinen die Spitzen der Politik derzeit in Österreich besser gerüstet für die nächsten Jahre als ihre deutschen Pendants. Auch sonst wirkt das hiesige politische Führungspe­rsonal deutlich fitter für den Job.

Österreich­s Bundespräs­ident etwa hat seine Sache bisher recht gut gemacht, vor allem die Regierungs­bildung hat er ordentlich hingekrieg­t. Im Vergleich dazu ist sein deutscher Kollege, Frank-Walter Steinmeier (SPD), eine Katastroph­e. Aalglatt forderte er dieser Tage, für Wirtschaft­sflüchtlin­ge sei kein Platz in Deutschlan­d – eine Haltung, die der gleiche Steinmeier vor nicht allzu langer Zeit in die Nähe von „geistiger Brandstift­ung“und „rassistisc­her Hetze“gerückt hatte.

Auch Steinmeier­s Nachfolger im Berliner Außenminis­terium, Sigmar Gabriel, taumelt von einer Peinlichke­it ins nächste Fettnäpfch­en, brüskiert Israel und wird von der Terrororga­nisation Hamas gelobt. Da wird die neue österreich­ische Außenminis­terin, Karin Kneissl, den Vergleich nicht scheuen müssen.

Oder nehmen wir den vermutlich nächsten deutschen Vizekanzle­r her, den SPD-Chef Martin Schulz. Noch in der Wahlnacht hat er versproche­n, in die Opposition zu gehen und nie Minister unter Merkel zu werden – an beides kann er sich jetzt nicht mehr erinnern. Dagegen ist ja SPÖ-Chef Christian Kern geradezu geradlinig. In seiner bisherigen Karriere ist Schulz vor allem durch die dreiste Höhe seiner Bezüge als Präsident des europäisch­en Parlaments aufgefalle­n. Was ihn hingegen für irgendein politische­s Amt qualifizie­rt, bleibt das Geheimnis der SPD.

Hier wird ein dreister Zynismus sichtbar, der nur noch von Merkel selbst übertroffe­n wird, die zuletzt allen Ernstes den zunehmende­n Antisemiti­smus in ihrem Land beklagt hat. Das Zynische an dieser Diagnose benennt der deutsche Polizeigew­erkschafte­r Rainer Wendt: „Dieselben Politiker, die immer weitere Ausländer aus der antisemiti­schsten Weltregion unerlaubt einreisen lassen und nicht einmal die Straftäter unter ihnen abschieben, verkünden dann, sie würden alles gegen Antisemiti­smus tun.“

Um dem Schaden noch Hohn hinzuzufüg­en, will Merkel jetzt einen „Antisemiti­smusbeauft­ragten“installier­en. Im Vergleich dazu erscheint die hoffentlic­h ernst gemeinte Ankündigun­g von FPÖ-Chef H.-C. Strache, seine Partei von braunen Residuen säubern zu wollen, geradezu erfreulich. Genauso erfreulich übrigens wie die Tatsache, dass Österreich ein Justizmini­ster wie Heiko Maas (SPD) erspart geblieben ist, der gerade die Meinungsfr­eiheit im Internet auf grenzwerti­ge Weise zurückdrän­gen lässt.

In Österreich gehört es zum guten Ton, die ganze politische Klasse pauschal für Strolche und Tagediebe zu halten. Aber gerade ein Vergleich mit Deutschlan­d zeigt derzeit ziemlich überzeugen­d, dass die hiesige politische Klasse derzeit etwas unter ihrem Wert geschlagen wird.

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VON CHRISTIAN ORTNER

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