Wer wählt Juncker-Nachfolger?
Konflikt. EU-Abgeordnete wollen erneut einen Spitzenkandidaten für den Kommissionsposten aufstellen, die Staatschefs fühlen sich übergangen.
Wird der nächste Kommissionspräsident wieder von den EU-Bürgern gewählt oder von den Staats- und Regierungschefs? Über diese Frage sind die EU-Institutionen mehr als nur uneins. Ein Jahr vor der nächsten Europawahl droht der Streit um das Bestellungsverfahren zu eskalieren. Es wird erwartet, dass der Konflikt beim nächsten EUGipfel im März behandelt werden muss.
Um was geht es? Das Europaparlament hat sich 2013 das Recht herausgenommen, den nächsten Kommissionspräsidenten über Spitzenkandidaten bei der Europawahl zu nominieren. Die großen Fraktionen, Europäische Volkspartei, Sozialdemokraten und Liberale, vereinbarten damals, dass sie nur den siegreichen Kandidaten bei der Bestellung unterstützen werden. Damit wurde ausgeschlossen, dass so wie in den Jahrzehnten davor, die Staats- und Regierungschefs den nächsten Kommissionspräsidenten nominieren und dieser danach vom Parlament nur noch absegnet wird.
Rechtlich verankert ist diese direkte Wahl des Kommissionspräsidenten nicht. In den EU-Verträgen findet sich dazu kein Passus. Deshalb drängt eine große Zahl an EUStaats- und Regierungschefs darauf, bei der 2019 anstehenden Bestellung des Nachfol- gers von Jean-Claude Juncker zur ehemaligen Methode zurückzukehren. Sie fühlen sich ihrer Personalkompetenz beraubt.
Anders die mächtigen Fraktionen im Europaparlament: In der Europäischen Volkspartei, (EVP), die mit aktuell 217 Abgeordneten die größte Gruppe stellt, zeichnet sich bereits eine breite Unterstützung dafür ab, erneut einen Spitzenkandidaten aufzustellen, der dann auch ins Rennen um den Posten des Kommissionspräsidenten gehen soll. Auch unter den Sozialdemokraten und Liberalen wird dies unterstützt.
Gegen ein solches Verfahren tritt der französische Präsident, Emmanuel Macron, auf. Auch die deutsche Bundeskanzlerin, Angela Merkel, möchte die Juncker-Nachfolge lieber im Kreis der Staats- und Regierungschefs regeln. Unterstützung finden die beiden in den Niederlanden, Polen, Portugal, der Slowakei und weiteren Ländern. Wobei die deutsche Regierungslinie in dieser Frage noch nicht festgelegt ist. SPD-Chef Martin Schulz hat 2013 selbst als Spitzenkandidat bei der Europawahl kandidiert. Gegenüber dem Magazin „Politico“soll Schulz versprochen haben, dasselbe Prinzip auch bei der kommenden Bestellung des Kommissionspräsidenten zu unterstützen. (wb)