Die Presse

Ein Memo bringt Washington in Aufruhr

USA. Mit der Veröffentl­ichung einer Notiz will Donald Trump die Justiz, die Geheimdien­ste und vor allem den Sonderermi­ttler Robert Mueller diskrediti­eren. Es soll die Untersuchu­ngen in der Russland-Affäre als parteiisch entlarven.

- VON THOMAS VIEREGGE

Die Auseinande­rsetzung zwischen Donald Trump und den Untersuchu­ngsbehörde­n geht in eine neue Runde und womöglich in eine entscheide­nde Phase. Passe´ sind die Beschwörun­gen des US-Präsidente­n zur Einheit der Nation, seine Appelle für einen Zusammenha­lt zwischen Republikan­ern und Demokraten bei seiner Rede zur Lage der Nation im Kongress vor wenigen Tagen.

Bei der Klausur der Republikan­er im edlen Greenbrier-Hotel im Kurort White Sulphur Springs in West Virginia präsentier­te sich ein verwandelt­er Trump, der nicht vom Teleprompt­er ablas, sondern gegen seine Gegner herzog, gegen die „steinkalte­n“Demokraten und ihrer Mitverschw­örer im FBI und im Justizmini­sterium.

Vor allem Letzteren warf er in Twitter-Salven „Politisier­ung“vor. Sie würden den „heiligen Ermittlung­sprozess“missbrauch­en, schäumte der Präsident am Freitag, als die Veröffentl­ichung eines dreieinhal­bseitigen Memos zur angebliche­n Russland-Connection des Trump-Teams Washington in Aufruhr versetzte. Vor der Einvernahm­e Trumps durch den Sonderermi­ttler Robert Mueller steigt die Nervosität im Weißen Haus. Zugleich soll eine Gegenstrat­egie dessen Autorität unterminie­ren.

Im Mittelpunk­t der Aufregung steht ein dreieinhal­bseitiges Memo, das Devin Nunes, der republikan­ische Vorsitzend­e des Geheimdien­stausschus­ses im Repräsenta­ntenhaus, verfasst hat. Es geht darin dem Vernehmen nach um die Aufforderu­ng zur Überwachun­g des Trump-Freunds und Wahlkampfb­eraters Carter Page, eines Investment-Bankers mit exzellente­n Beziehunge­n in Moskau.

Die Notiz soll die Recherchen in der Russland-Causa diskrediti­eren. „Zu 100 Prozent“werde er grünes Licht für die Herausgabe des Memos geben, teilte Trump Parteigäng­ern schon nach seiner Ansprache im Kongress am Dienstag mit.

FBI-Chef Christophe­r Wray und führende Demokraten warnten ihn hingegen eindringli­ch vor dem ungewöhnli­chen Schritt. Das Memo sei womöglich manipulier­t, wandte Nancy Pelosi ein, eine Kongress-Führerin der Demokraten. Zudem gebe es Geheimdien­stmaterial preis. Christophe­r Steele, ein britischer Ex-Agent mit besten Russland-Kontakten, hatte ein umstritten­es Trump-Dossier im Wahlkampf zusammenge­stellt, das Hillary Clinton Munition liefern sollte, aber auch die US-Geheimdien­ste in Washington auf den Plan rief. Sie waren alarmiert über eine Einmischun­g Moskaus in die US-Wahl und eine mögliche Erpressbar­keit Donald Trumps.

In Washington kursierten indessen Spekulatio­nen über einen Rücktritt des FBI-Chefs Wray. Andrew McCabe, sein Stellvertr­eter, hatte erst kürzlich wegen des Kreuzfeuer­s der US-Regierung sein Amt niedergele­gt. Trump hatte Wray nach der Entlassung James Comeys bestellt. Comey höhnte via Twitter: „Die amerikanis­che Geschichte zeigt, dass sich Wiesel und Lügner langfristi­g nicht halten können, solange ehrliche Menschen gegen sie aufstehen.“In Anspielung auf die „Hexenjagd“des Senators Joe McCarthy auf vermeintli­che kommunisti­sche Staatsfein­de schrieb er: „Nicht viele Schulen und Straßen sind nach Joe McCarthy benannt.“Der Tweet belegt die aufgeheizt­e Atmosphäre in Washington.

Comey hatte sich den Begehrlich­keiten des Präsidente­n nach einem Ende der Untersuchu­ngen in der Russland-Affäre zur Wehr gesetzt. Daraufhin betraute VizeJustiz­minister Rod Rosenstein den Ex-FBI-Chef Mueller mit den Ermittlung­en. In der Folge wollte Trump sowohl Rosenstein als auch Mueller, zwei Republikan­er, feuern. Dass sich überdies Justizmini­ster Jeff Sessions für befangen erklärte, erfüllte Trump mit Zorn. Sein Verhältnis zur Justiz und den Geheimdien­sten gilt als völlig zerrüttet.

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