Ein spritziger Bizet und ein neuer Widmann
Die Wiener Philharmoniker, Jörg Widmann und das Hagen-Quartett bei der Salzburger Mozartwoche.
Bei einem Kammerkonzert für Klarinette und Streichquartett ein Klavier auf dem Podium? Das Rätsel löste sich rasch. Ehe Jörg Widmann im Mozarteum mit dem Hagen-Quartett sein Klarinettenquintett vorstellte, sprach er kurz die wichtigsten Werke dieser Gattung an und erläuterte mit Beispielen am Klavier die Besonderheit des populärsten Werks in dieser Besetzung: des Mozart-Klarinettenquintetts (KV 581). Mit ihm beschlossen die Hagens und Widmann auch diese Matinee – in idealer Übereinstimmung, mit bestens aufeinander abgestimmten Tempi und immer wieder überraschenden Akzenten bei den zahlreichen Wiederholungen dieses viersätzigen Werks.
Dieses – wie die Klarinettenquintette von Weber, Brahms und Reger – hat Widmann animiert, selbst einmal ein Werk für eine solche Formation zu schreiben. 2009 kam er über wenige Takte nicht hinaus. Erst im Vorjahr wagte er sich wieder daran. Geworden ist es ein knapp dreiviertelstündiges Adagio, das die Musiker zu so subtilen wie mitunter heftigen Dialogen führt. Leise, flirrende Klänge finden sich ebenso wie sensibel eingeblendete Zitate aus Mozarts Schwesterwerk. Dazu vom sprichwörtlich wienerischen Idiom inspirierte Walzerklänge – einmal folkloristisch, später von leiser Melancholie durchdrungen. Die Musiker dürfen auch stampfen, ihren Instrumenten betont hässliche Klänge entlocken oder fast unhörbar agieren. Und der Klarinettist kann gegen Ende in einer Kadenz seine Virtuosität zeigen. Diesmal war das der Komponist selbst, der mit dem Hagen-Quartett die besten denkbaren Mitstreiter hatte.
Wie schon beim ersten PhilharmonikerKonzert dieser Mozartwoche hatte auch beim zweiten der Dirigent ein Stück aus seiner Heimat mitgebracht: Alain Altinoglu, der in der nächsten Saison zum ersten Mal ein Wiener Abonnementkonzert der Philharmoniker leiten wird, überzeugte mit Bizets C-Dur-Symphonie auch am meisten, führte das Orchester mit ungleich mehr Vitalität und Esprit als bei den Werken zuvor. Bei Mozarts Pariser Symphonie KV 297 verzettelte er sich zu sehr in Details, ging kaum je in die Tiefe. Beim C-Dur-Klavierkonzert KV 503 dauerte es, bis er und Solist Piotr Anderszewski wirklich zueinanderfanden. Das Andante deuteten sie unpassend zu einem Adagio um, verloren prompt an Spannung. Das Finale immerhin war klar artikuliert, eloquent phrasiert, zündend.
Wenn die Philharmoniker nächstes Jahr zur Mozartwoche kommen, dann nur mit Mozart. Denn Neo-Intendant Rolando Villazon´ will ausschließlich dessen Werk präsentieren, auf Querverbindungen zu anderen Komponisten verzichten. Ein Rückschritt oder ein neuer Aufbruch? Kann man damit, wie beabsichtigt, neues Publikum, vor allem jüngeres, gewinnen? Eine erste Antwort gibt es 2019.