Im Raumanzug durch die Wüste
Forscher und begeisterte Freiwillige experimentieren einen Monat lang im Oman, um den Weg für künftige Marsmissionen zu ebnen. Die Tests sollen lediglich ein Zwischenstopp auf dem Weg zum Roten Planeten sein.
Keine Vegetation, keine Menschen. Dafür Sand und Steine, so weit das Auge reicht – und absolute Stille. Dort, wo die Wüste beginnt, ist die sonst fruchtbare Region Dhofar im Süden des Oman unwirtlich und faszinierend zugleich. Wer sie besucht, fühlt sich ein Stück in eine andere Welt versetzt. Genau deshalb haben sie die Verantwortlichen des Österreichischen Weltraumforums (ÖWF) auch als Schauplatz für ihre mittlerweile zwölfte Analogmission ausgewählt: Weil die Landschaft mit ihren extremen Lebensbedingungen in vielerlei Hinsicht dem Mars ähnelt.
Die fünfzehnköpfige Crew ist bereits gelandet, die Vorbereitungen laufen. Am kommenden Donnerstag, 8. Februar, starten fünf Analogastronauten mit ihren jeweils 45 Kilo schweren Raumanzügen – eine Eigenentwicklung des ÖWF – ihre Mission. „Das Gewicht ist körperlich eine Herausforderung, aber es fühlt sich toll an“, sagt Analogastronautin Carmen Köhler. „Ein bisschen wie in einem eigenen Raumschiff: Man hat zu trinken und eine Toilette, die Außenwelt nimmt man nur über Kopfhörer wahr.“
Die promovierte Mathematikerin und Meteorologin war bereits bei der letzten Mission am Kaunertaler Gletscher in Tirol vor drei Jahren dabei – als erste weibliche Analogastronautin. Damals wurde Permafrost analysiert. Auch diesmal ist sie die einzige Frau. Die anderen vier Analogastronauten kommen aus den Niederlanden, Portugal, Spanien und Österreich und wurden, wie sie, aus über 100 Bewerbern ausgesucht. Alle haben eine mehrmonatige Ausbildung durchlaufen.
Ziel ist, mit den Erkenntnissen aus 19 vor Ort durchgeführten Experimenten zur Vorbereitung künftiger bemannter Marsmissionen beizutragen. „Im Experiment Mimic zeichnen wir etwa auf, wie wir uns unterhalten. Anhand der Sprache wird dann das Stresslevel bestimmt“, erklärt Köhler. Mimic ist einer von drei Versuchen der TU Graz. Weitere kommen von Forschern der Uni Klagenfurt, die eine Drohne zur Oberflächenerfor-
sind Feldversuche auf der Erde, mit denen Weltraummissionen vorbereitet werden sollen. Dabei werden Experimente in analogen, also weltraumähnlichen Regionen simuliert.
führt derzeit im Oman mit Amadee-18 seine zwölfte Analogmission durch. Die Erkenntnisse aus den Experimenten im Süden des Sultanats sollen helfen, künftige Marsmissionen vorzubereiten. schung entwickelt haben, und der Med-Uni Wien, die beobachten, wie sich die physischen und psychischen Anstrengungen auf die Analogastronauten auswirken.
„Wir sind sehr international“, sagt Köhler. So wird in einem Experiment aus Kanada die Teamund Konfliktfähigkeit der Analogastronauten untersucht, israelische Forscher interessieren sich mit dem Blick auf Arbeitsteilung und Problemlösungsfähigkeit für ähnliche Felder. Im Experiment „Hort Extreme“der italienischen Raumfahrtagentur wird wiederum ein mobiles aufblasbares Treibhaus getestet. „Damit züchten wir unseren eigenen Salat. Eigenständig Nahrungsmittel anzubauen ist ja für eine spätere Marspopulation sehr wichtig“, sagt Köhler. Und auch Schüler können mitmachen: So sind etwa die HTL Eisenstadt oder die Sir-Karl-Popper-Schule in Wien vertreten – Letztere mit dem „Tumbleweed“, einem Marsfahrzeug, das die Form einer vom Wind verblasenen Wüstenpflanze imitiert, um voranzukommen.
Das Mission Support Center für alle Operationen ist an der Uni Innsbruck eingerichtet. „Es heißt nicht Mission Control Center, weil man eigentlich nur unterstützt, aber nicht kontrolliert werden kann“, erklärt Köhler. Dafür verantwortlich ist die Zeitverzögerung in der Kommunikation, die sich aus der Distanz von der Erde zum Mars ergibt: pro Richtung zehn Minuten.
Daher kommunizieren die Wissenschaftler in Innsbruck, die die Experimente begleiten, während der Mission mit entsprechender Zeitverzögerung. Etwa bei einem Experiment mit virtueller Realität: „Da können die Wissenschaftler auf der Erde mit uns mit auf den Mars gehen und uns anleiten, welche Gesteinsproben wir nehmen sollen“, schildert Köhler. Das Mission Support Center erstellt jeden Tag einen minutiös durchgetakteten Ablaufplan, nach dem die Analogastronauten agieren.
Doch wie viel kann ein Verbund wie das ÖWF, das großteils aus begeisterten Freiwilligen besteht, tatsächlich bewirken? „Wir machen Citizen Science. Weltrauminteressierte und Profis arbeiten zusammen, es sind auch drei Leute der Europäischen Weltraumagentur ESA dabei, darunter ein Astronautenausbildner. Es gibt für jeden eine Nische, wo er unterstützen kann“, sagt Köhler.
Was motiviert sie selbst? „Das Abenteuer dahinter und etwas beizutragen für den bemannten Weg zum Mars.“Nachsatz: „Wir alle hier wollen etwas bewegen.“