„Austro-indischer Forschungsflirt“: Österreich und Indien sollen in der Wissenschaft enger zusammenarbeiten
Die Liaison wurde beim „Ersten Indisch-Österreichischen Forschungsgespräch“in Bangalore angebahnt.
Beim Donauinselfest und bei der Fußball-EM hat es sich schon bewährt: Menschen, egal, wo auf der Welt, verhalten sich wie physikalische Teilchen. Die Personenströme lassen sich Cloud-basiert, also mit IT-Infrastruktur über das Internet, steuern. Das macht Massenveranstaltungen sicherer, den Verkehr kontrollierter. Bei der Entwicklung neuer Technologien wie dieser könnten Forscher des Austrian Institute of Technology (AIT) künftig möglicherweise auf die Zusammenarbeit mit Partnern aus dem südindischen Bundesstaat Karnataka zählen. Zugleich könnten österreichische Wissenschaftler indische Städte auf ihrem Weg zur Smart City beraten.
Denn eine engere Kooperation wurde in dieser Woche bei einer Studienreise des Forschungsrats und des AIT nach Indien in die Wege geleitet. Die Pläne wurden beim „Ersten Indisch-Österreichischen Forschungsgespräch“in Bangalore präsentiert, das sich als „Silicon Valley Asiens“sieht und als Zentrum der Luft- und Raumfahrtindustrie und -forschung gilt.
Organisatorisches Vorbild soll das Zwei-plus-zwei-Modell der MaxPlanck-Gesellschaft sein, bei dem nicht nur zwei wissenschaftliche Institutionen kooperieren, sondern von Anfang an auch zwei Unternehmen mit an Bord sind. AIT-Geschäftsführer Wolfgang Knoll sieht seine Einrichtung damit auch als „Türöffner für österreichische Unternehmen“. Viele sind schon hier, etwa der steirische Motorenbauer AVL, die auf Sensortechnologie spezialisierte Firma Frauscher oder auch der Leiterplattenhersteller AT&S. Dessen Aufsichtsratsvorsitzender, Hannes Androsch, – zugleich Chef des AIT-Forschungsrats sowie des Rats für Forschung und Technologieentwicklung – war ebenfalls vor Ort. Für ihn ist Indien „ein aufstrebendes Land, ein Teil der globalen Bedeutungsverschiebung weg vom Atlantik hin zum indo-pazifischen Raum“.
Mit dem Indian Institute of Science (IISc) haben die Österreicher jedenfalls eine der renommiertesten wissenschaftlichen Institutionen in Indien besucht. Die Forschungseinrichtung und Universität in Bangalore ist, gemessen an der Zahl wissenschaftlicher Publikationen, führend im Land und auch in den verschiedenen Rankings die beste Institution des Subkontinents.
Als inhaltliche Anknüpfungspunkte sieht Knoll die Themenbereiche Stadtentwicklung, Mobilität sowie künstliche Intelligenz und das Internet der Dinge. Diese Themen sollen auch bei den diesjährigen Alpbacher Technologiegesprächen auf der Agenda stehen, wo man heuer einen Indien-Schwerpunkt setzen wird.
Ob aus dem „austro-indischen Forschungsflirt“eine längerfristige, engere Beziehung wird, soll in zwei Workshops in den beiden Ländern geklärt werden, so Knoll: Man brauche hinreichend viele Gemeinsamkeiten, müsse aber gleichzeitig komplementär aufgestellt sein, um eine Win-Win-Situation zu erzeugen.
Er erinnerte beim austro-indischen Forschungsgespräch daran, dass die „Inder wissenschaftlich immer schon Giganten waren, aber nicht in Indien“. Mangels Arbeitsmöglichkeiten seien viele in die USA gegangen. Das habe sich geändert: Während einige Jahrzehnte lang ein massiver Brain Train in die USA stattfand, bleiben die Forscher vermehrt in ihrer indischen Heimat oder kehren wieder zurück. „Heute ist Indien einer der Plätze, wo die Musik spielt“, sagt Knoll.
Das tut sie für die Inder auch in Österreich: Denn das wird noch immer vor allem mit „Sound of Music“gleichgesetzt. (APA/juf )