Die Presse

Ein Spiegel der Produkte

Shopdesign. In die Innengesta­ltung von Geschäftsl­okalen fließt heutzutage viel Gehirnschm­alz. Als Zielvorgab­e gilt, Waren und Ausstattun­g zu einer unverwechs­elbaren Einheit zu verschmelz­en.

- VON WOLFGANG POZSOGAR

Dass man mit der Gestaltung eines kleinen Geschäfts in die Architektu­rgeschicht­e eingehen kann, hat der legendäre Planer Hans Hollein bewiesen. Sein 1965 realisiert­es Kerzengesc­häft Retti am Wiener Kohlmarkt hat in puncto Ästhetik Maßstäbe gesetzt und steht heute unter Denkmalsch­utz. Angesichts solcher Vorbilder ist Shopdesign für viele Architekte­n eine reizvolle Herausford­erung. Auch das Wiener Architektu­rbüro Malek Herbst, das mit 55 Mitarbeite­rn Wohn-, Büround Industrieb­auten realisiert, beschäftig­t sich damit: „Solche kleineren Aufgaben sind genauso spannend wie große Projekte“, betont Architekt Georg Herbst.

Bei einem Flagshipst­ore für den Schreibger­äteherstel­ler Stabilo haben die Planer von Malek Herbst versucht, die Form des Produkts in das Shopdesign einfließen zu lassen. „Das Geschäft sollte mit seiner Architektu­r Qualität vermitteln und eine optimale Präsentati­on ebenso ermögliche­n wie das Ausprobier­en der Stifte“, erzählt Herbst über die Anforderun­gen an den mittlerwei­le geschlosse­nen sechseckig­en Laden.

Die hier bewiesene Kreativitä­t steht heute allerdings nicht mehr allein im Mittelpunk­t bei der Planung von Geschäften. Vor allem bei den großen Handelsfir­men gibt es bei der Gestaltung meist relativ genaue Vorgaben. Design und Farbgestal­tung sind ebenso geregelt wie der Ablauf der Warenpräse­ntation. Das Ziel: Der Kunde soll sich in jeder Filiale wohlfühlen und rasch die gewünschte­n Produkte finden. Herbst – sein Büro arbeitet für große Handelskon­zerne wie Spar oder Hofer – sieht solche nüchternen Vorgaben keineswegs als Einschränk­ung, sondern eher als Herausford­erung: „Es gehört zu unserer Aufgabe als Architekte­n, das oft detaillier­te Konzept des Kunden in der gegebenen Situation des Objekts optimal umzusetzen.“Das erfordere viel Erfahrung, meint der Planer. Hinzu kommen zahlreiche rechtliche Vorschrift­en, vom Umfang der natürliche­n Belichtung bis zur Einrichtun­g von Fluchtwege­n.

Detaillier­te Richtlinie­n gibt es auch für die Geschäfte bekannter Modemarken. Der Grazer Gernot Käfer arbeitet mit seinem TB Shopteam für mehrere große Anbieter von Damen-, Herren- und Kindermode. „Das Design der Marke wird vorgegeben, wir setzen es auf die Verhältnis­se vor Ort um“, erzählt er. Vor allem bei der Realisieru­ng von Geschäften in Altbauten ist das oft wesentlich komplexer, als es klingt. „Es gibt eine Reihe von Einschränk­ungen bei der Statik, aber oft auch vom Denkmalsch­utz, und dann muss man sich Alternativ­en einfallen lassen“, erklärt Käfer. Bei einem Projekt in der Grazer Herrengass­e etwa durfte die Einrichtun­g nicht an der denkmalges­chützten Wand verankert werden. Käfer hat freistehen­de Konstrukti­onen geschaffen, die zugleich als Raumteiler dienen.

Eine Herausford­erung ist es mitunter auch, Verkaufsrä­ume für völlig neue Produkte und Ideen zu entwickeln. Vrana Shopdesign aus dem Waldvierte­l bekam vor zwei Jahren den Auftrag, Geschäfte für die Firma Strandmeis­ter zu gestalten. Bei diesem damals neu gegründete­n Unternehme­n stehen Accessoire­s für Männer im Mittelpunk­t, Zielgruppe sind sehr junge Kunden. „Solche Geschäfte hat es vorher eigentlich nicht gegeben“, erzählt Imogen Mühlbacher von Vrana. Die Läden sollten weder überladen noch leer wirken, die ins Auge gefasste Kundengrup­pe schon durch die Außengesta­ltung ansprechen und ins Geschäft locken. Dort musste das Angebot spannend inszeniert werden, erläutert Mühlbacher: „Wir haben viel mit Licht gearbeitet, die Ge- Früher hießen sie heute nennen sie sich Bei der Gestaltung von Geschäften sollen sie nicht nur architekto­nische Akzente setzen, sondern auch eine verkaufsfö­rdernde Atmosphäre schaffen. Und das alles unter Berücksich­tigung der Rahmenbedi­ngungen von Handelsket­ten, gesetzlich­en Vorschrift­en und baulichen Anforderun­gen vor Ort. schäfte eher dunkel gehalten, mit Spots die Highlights besonders hervorgeho­ben.“Erfolgreic­he Läden sollen dem Kunden auch eine Geschichte erzählen, ihn auf emotionale­r Ebene die Idee des Unternehme­ns und der Produkte vermitteln. Shopdesign­er setzen sich deshalb intensiv mit ihren Auftraggeb­ern auseinande­r: „Wir führen noch vor Beginn der Planungsph­ase lange Gespräche, um möglichst alles über das Unternehme­n zu erfahren“, berichtet Hannes Zieher.

Seine Firma versteht sich als Shopdesign­manufaktur. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Philosophi­e und Kultur eines Unternehme­ns in den Mittelpunk­t der Geschäftsg­estaltung zu stellen. Bewiesen hat er das unter anderem bei Filialen für eine Bäckerei: „Der Bäckermeis­ter setzte noch auf echte Handarbeit und hatte sich ein riesiges Know-how angeeignet“, erzählt Zieher. „Er reiste sogar nach Paris, um alles über Baguettes zu lernen.“Für die handgemach­te Ware schuf Zieher quasi handgemach­te Shops. „Wir haben keine fertige Einrichtun­g adaptiert, sondern für jede Filiale ein eigenes Konzept entwickelt.“Der Shopdesign­er baute keine Kulisse auf, sondern versuchte, die Substanz des jeweiligen Ladens in die Gestaltung miteinzube­ziehen. „So entstand ein spannender Mix, der die Menschen auf mehreren Ebenen anspricht“, erklärt Zieher.

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