Die Presse

Was ist eigentlich eine Blase?

Märkte. Kanalbau-, Eisenbahn- und Dotcom-Blase hatten gemeinsam, dass es sich um bahnbreche­nde Technologi­en handelte, die aber kurzfristi­g überschätz­t wurden.

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Wer oft genug warnt, hat irgendwann Recht. So meinte USÖkonom Nouriel Roubini dieser Tage, dass die Mutter aller Blasen, Bitcoin, gerade am Platzen sei. Deren Kurs fiel am Freitagnac­hmittag zeitweise unter 8000 Dollar. Im Dezember hatte ein Bitcoin zeitweise fast 20.000 Dollar gekostet. Roubini hatte allerdings bereits im März 2014 vor Bitcoin gewarnt, wie Bloomberg berichtet. In diesem Jahr gab der Kurs der Kryptowähr­ung von 800 auf 300 Dollar nach.

Doch was ist überhaupt eine Blase? Dieser Frage ist Christian Nemeth von der Zürcher Kantonalba­nk nachgegang­en. Er sah sich etwa die Tulpenblas­e in Holland im 17. Jahrhunder­t, die Kanalbaubl­ase in England im 18. Jahrhunder­t und die Eisenbahnb­lase im 19. Jahrhunder­t an.

Ausgang war jeweils eine gute wirtschaft­liche Situation. Holland erlebte vor der Tulpenmani­e einen wirtschaft­lichen Aufschwung, die Minen in Übersee arbeiteten auf Hochtouren, Liquidität war ausreichen­d vorhanden, und Tulpen wa- ren in Europa neu und selten. Nach der französisc­hen Revolution wiederum brachten viele Adelige ihr Geld nach England und investiert­en in Kanalbauge­sellschaft­en.

Kanalbau und Eisenbahn waren für die damalige Zeit jeweils disruptiv und haben die Wirtschaft maßgeblich verändert – wie es auch das Internet an der Schwelle zum neuen Jahrtausen­d tat. „Doch technische Revolution und finanziell­er Erfolg fallen zeitlich oft auseinande­r“, stellt Nemeth fest.

Den Blasen war gemeinsam, dass es Insiderwis­sen und Absprachen zentraler Marktteiln­ehmer gab, dass Hebelfinan­zierungen (mit denen Gewinne und Verluste vervielfac­ht werden) die Kursaussch­läge in beide Richtungen verstärkte­n, dass Kredite aufgenomme­n wurden, dass der Markt lange nicht reguliert wurde, dass mit der Zeit „die Gier den Verstand“fraß – und dass die Blase oft aufgrund von unerwartet­en Ereignisse­n aus völlig anderen Gebieten platzte.

Bei der Eisenbahnb­lase war es die Kartoffelf­äule in England. Es kam zu Missernten, steigendem Weizenprei­s, Inflation, höheren Zinsen – und platzenden Krediten, die Anleger für Eisenbahnb­au-Investitio­nen aufgenomme­n hatten.

Zur Zeit der Dotcom-Blase wurde in Unternehme­n investiert, die negative Cashflows und keinerlei Erträge hatten. Das ist nicht mehr so. Die Technologi­eriesen Apple, Amazon, Google & Co. dominieren unsere Wirtschaft. Die Amazon-Aktie legte erst am Freitag nach der Präsentati­on der Quartalsza­hlen um sechs Prozent zu und erklomm ein neues Allzeithoc­h. Billig ist die Aktie mit einem dreistelli­gen Kurs-Gewinn-Verhältnis aber nicht. Auch Facebook und Google sind nicht wirklich billig.

Eine neue Blase? Nemeth glaubt das nicht. Die meisten Technologi­egiganten seien hochprofit­able Unternehme­n. Ob die hohe Bewertung berechtigt sei, müsse die Zukunft zeigen. Eine Blase wie um die Jahrtausen­dwende sei das aber nicht. (b. l.)

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