Der Unruheherd in Hütteldorf: Fankult, ein grobes Missverständnis
Bundesliga. Nach dem Derbyskandal mit Feuerzeugwürfen und Fastabbruch gehen die Wogen hoch. Rapid verspricht Stadionverbote, Austria nimmt Liga in die Pflicht.
Wieder einmal Rapid, natürlich. Geht es um Ausschreitungen, Exzesse oder krasses Fehlverhalten von „Fans“, trifft es zumeist die grün-weiße Abteilung im österreichischen Fußball. Dass es um die Lernfähigkeit mancher nicht allzu gut bestellt ist, bewiesen die Ereignisse beim 1:1 im 325. Derby. Aber, was macht der Verein? Wie reagiert er, folgen Konsequenzen? Wieso duldet man eine Pauschalverurteilung und sortiert Übeltäter nicht aus?
Wie schon vor sechs Monaten stand auch am Sonntag dieses Duell mit Austria kurz vor dem Abbruch, weil Besucher der Block-West-Tribüne Spieler der „Veilchen“mit Gegenständen bewarfen. Diesmal dürften die Hütteldorfer nicht so glimpflich davonkommen wie im August 2017, als die Bundesliga eine Geldstrafe von 30.000 Euro verhängte. Nicht nur die Pönale dürfte höher ausfallen – die möglichen Sanktionen sehen eine Stadion- oder Sektorsperren vor. Ein oder zwei Heimspiele vor leerer West-Tribüne – für manche ein hartes Urteil.
„Das wird teuer“, sagt Klubchef Michael Krammer und kündigte bei einer eilends einberufenen Pressekonferenz am Montag harte Strafen gegenüber den Randalierern an, die durch Videoauswertung identifiziert „und individuell sanktioniert“werden sollen. Elf Personen haben die Auswertungen ins Blickfeld gerückt, auch die beiden „Flitzer“sind bereits ausgeforscht worden. Krammer versprach, dass zweijährige Stadionverbote ausgesprochen und manche Fanprojekte neu überdacht werden. Das sei auch das Mindesteste.
Befremdend waren hingegen die ersten Reaktionen des RapidTrainers. Trainer Goran Djuricin sprach nach den Attacken auf Raphael Holzhauser davon, dass „sich Rapid-Fans nicht provozieren lassen dürften“– obwohl der Austria-Kapitän keinerlei Provokationen vom Stapel ließ. RapidTorschütze Dejan Ljubicic´ bemühte nach dem Schlusspfiff noch die Theorie, wonach nichts passiert wäre, hätte Holzhauser den Eckball schneller ausgeführt. Dass im Eifer des Gefechts mancher nicht nachdenkt, ist offensichtlich. Ljubicic´ jedenfalls nahm Stunden später seine Aussage „mit Bedauern“zurück.
Holzhauser wurde in der vierten Minute im Bereich der Cornerfahne mit Feuerzeugen und kleinen Schnapsflaschen beworfen. Ein Treffer bescherte dem früher im Rapid-Nachwuchs engagierten 24-Jährigen eine blutende Wunde im Bereich des Schlüsselbeins. Schiedsrichter Rene Eisner hätte das Spiel abbrechen können – nach Ansicht mancher auch müssen. Austrias Sportdirektor, Franz Wohlfahrt, hätte es befürwortet, er fordert: „Ich erwarte mir, dass die Gremien der Bundesliga angemessen reagieren. Solche Vorfälle können wir nicht dulden. Einen Abbruch hätte jeder vernünftige Mensch verstanden – so wird unser Sport mit Füßen getreten. Es ist nicht das erste Mal, dass es bei einem Spiel von uns bei Rapid massive Probleme gegeben hat. Das ist inakzeptabel!“Holzhauser antwortete auf Facebook, allerdings weitaus besonnener, wenngleich der Inhalt seiner Botschaft in die gleiche Richtung ging: „Ich als Spieler möchte mich auf dem Platz sicher fühlen und erwarte entsprechende Maßnahmen von den Vereinen und der Bundesliga. Ich habe durch mein Weiterspielen ein Zeichen für Fairness gesetzt, habe mir den Spaß am Spiel nicht nehmen lassen.“
Dass Fußballer in Österreich bei der Cornerfahne mit Schirmen geschützt werden müssen, ist ein unerträglicher Anblick. Der Gipfel (des Versagens des Ordnerdienstes) war jedoch, dass zwei nicht vom Block West gestartete Flitzer im Finish einen Austria-Angriff stoppen konnten. Zuschauer griffen ins Spiel ein – in Deutschland oder England wäre das undenkbar. Warum misslingt es in Hütteldorf? Rapid kosteten diverse Fanrandale seit 2011 laut Geschäftsbericht 1,2 Millionen Euro an Strafzahlungen. Dem Klub müsste angesichts dessen die Lösung dieses Problemfelds doch liegen. (fin)