Die Presse

Rathaus: Wer kommt, wer geht

Wiener Stadtregie­rung. Unter Michael Ludwig als Bürgermeis­ter wird das rote Regierungs­team massiv umgebaut. Einige Personalia zeichnen sich bereits ab – auch wenn die Gespräche derzeit noch nicht abgeschlos­sen sind.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER UND ULRIKE WEISER

Unter dem neuen Chef, Michael Ludwig, wird das SPÖRathaus­personal umgestellt.

„Wir warten jetzt einmal“, so hallt derzeit das Flurecho im Rathaus. Und zwar auf den Neuen. Michael Ludwig. Der SPÖ-Chef und designiert­e Bürgermeis­ter hat angekündig­t, Stadtregie­rung und Löwelstraß­e personell umzubauen, und führt jetzt Gespräche. Mit allen hat er freilich nicht geredet – das ist unter anderem praktische­n Gründen geschuldet: leeren Büros. Auch Politiker machen Semesterfe­rien. Danach könnten aber erste Weichen gestellt werden. „Die Presse“hat sich angesehen, welche Änderungen sich abzeichnen.

Wer kommt

Die 46-Jährige war die Entdeckung im roten Nationalra­tswahlkamp­f: Modern, eloquent und charismati­sch wurde sie von Christian Kern in die erste Reihe des SPÖ-Wahlkampfs gestellt. Dem Vernehmen nach soll sie neue Gesundheit­sstadträti­n werden – als Signal an den linken innerstädt­ischen und grün-affinen SP-Flügel. Pamela Rendi-Wagner wäre für die Wien-Wahl 2020 eine Ansage an enttäuscht­e Grünwähler­innen und an urban-liberale, linke Menschen innerhalb des Gürtels, die den künftigen Weg der Wiener SPÖ von weit links in Richtung Realokurs skeptisch beobachten (z. B. Wartefrist bei Mindestsic­herung). Mit Rendi-Wagner wäre diese Flanke abgedichte­t. Sie soll eine der wenigen sein, die an dem (undankbare­n) Job interessie­rt wäre.

Mit dem Aufstieg von Michael Ludwig ist dessen Platz im Wohnbaures­sort vakant. Und hier spricht alles für Ruth Becher: langjährig­e Erfahrung als Vorsitzend­e der Wiener Mietervere­inigung, Wohnbauspr­echerin im Nationalra­t, SPÖ-Parteichef­in der Donaustadt, dort auch Frauenvors­itzende. Und: 2020 ist sie 64 Jahre alt, könnte also in Pension gehen. Denn es ist schwer, für zwei Jahre jemanden zu finden, der alles für einen Job aufgibt, der 2020 nicht mehr existieren könnte. Immerhin haben Daten einer Umfrage kürzlich schon eine schwarz-blaue Mehrheit in Wien aufgezeigt. Will Becher nicht, sollen die SPÖ-Chefinnen aus Döbling (Barbara Novak) und Favoriten (Kathrin Gaal) dafür bereitsteh­en.

Wer geht

Die Gegenspiel­erin Ludwigs wird sich als Finanzstad­trätin verabschie­den müssen. Auch weil Renate Brauner (61), die seit 22 Jahren in der Stadtregie­rung sitzt, kein Zeichen der Erneuerung wäre und es in der Ludwig-Fraktion massive (auch fachliche) Kritik an Renate Brauner gibt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Brauner Land- tagspräsid­entin werden möchte. Dort sitzt aber Häupl-Intimus Harry Kopietz, der seinen Platz nicht räumen will.

Im Gesundheit­sressort konnte Sandra Frauenberg­er das schwere Erbe von Sonja Wehsely nicht bewältigen, Stichwort: Gangbetten, lange Wartezeite­n auf Operatione­n, Lähmung des Spitalskon­zerns KAV etc. Dass sie auf einem Ticket der Gewerkscha­ft in der Stadtregie­rung ist, wird sie nicht retten. Wen die Gewerkscha­ft für Sandra Frauenberg­er in der Stadtregie­rung sehen will, ist offen.

Die Leitung in der Löwelstraß­e wird Michael Ludwig als Erstes neu besetzen – ist es doch eine absolute Vertrauens­position. Als heißester Kandidat für die Nachfolge von Sybille Straubinge­r gilt Ludwigs enger Vertrauter Gerhard Spitzer. Der Gemeindera­t or- ganisiert seit Jahren die SPÖ-Floridsdor­f für den dortigen Parteichef. Und der heißt Michael Ludwig. Als Alternativ­kandidaten sind Bildungsse­kretär Marcus Schober und Josef Taucher, Gemeindera­t aus der Donaustadt, im Gespräch.

Wer bleibt bzw. aufsteigt

Die rote Zukunftsho­ffnung, die im linken Flügel verankert ist, wird bleiben. Alles andere würde den Parteifrie­den sprengen. Nebenbei gibt es (im Gegensatz zu anderen) fachlich keinerlei Kritik an Jürgen Czernohors­zky, der ein sehr schwierige­s Ressort (Integratio­n und Bildung) bisher ohne Patzer gut im Griff hat.

Kultur- und Sportstadt­rat Andreas Mailath-Pokorny hat einen Job, den eigentlich kein anderer will. Zwar geistert der Name Josef Ostermayer herum, der allerdings unrealisti­sch ist. Der ExKulturmi­nister und Faymann-Vertraute hätte auch die fachliche Eignung als Wohnbausta­dtrat. Aber vom Sozialbau-Vorstand in die Stadtregie­rung wäre ein massives Risiko für 2020 und ein enormer Abstieg – finanziell und seitens der Lebensqual­ität.

Im Finanzress­ort benötigt Wien jetzt Erfahrung und Durchsetzu­ngskraft – steht man doch einer türkis-blauen Bundesregi­erung gegenüber, die sich voll auf Wien einschießt. Erfahrung mit schwierige­n Verhandlun­gen besitzt Ulli Sima ebenso wie mit dem Bund (z. B. U-Bahn-Ausbau). Und bei den Stadtwerke­n hat sie gezeigt, dass sie ordentlich aufräumen kann. Im Flügelkamp­f hat sie sich einigermaß­en neutral verhalten, daher gilt sie als Favoritin für das Finanzress­ort – nachdem Ludwigs Konkurrent Andreas Schieder aus dem Rennen ist, wie im Rathaus zu hören ist. [ APA (4), Fabry (3), SPÖ (1)]

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[ Illustrati­on: Petra Winkler ]
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