Pute rechtfertigt Nazi-Vergleich nicht
Ehrverletzung. Ein Tierschützer verglich einen Veterinärmediziner wegen dessen Tierversuchen mit dem NS-Arzt Mengele. Das war nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt.
Ob eine Ausstellung unter dem Motto „Der Holocaust auf Ihrem Teller“oder der Bezeichnung einer Massentierhaltung als „Schweine-KZ“: In der Vergangenheit hatte die Judikatur Tierschützern diverse Anspielungen auf die NS-Zeit erlaubt, um auf das Leid von Tieren aufmerksam zu machen. Doch ein aktuelles Urteil zeigt nun, dass solche Vergleiche auch ihre Grenzen haben.
Geklagt hatte ein Professor der Veterinärmedizinischen Universität. Er führt behördlich genehmigte Tierversuche an Puten durch. Ziel ist die Entwicklung von Medikamenten gegen die bei Puten verbreitete Schwarzkopfkrankheit. Im Rahmen der Tierversuche werden Puten gezielt mit dieser Krankheit infiziert und beobachtet. Treten die Krankheitssymptome stark auf, werden die Tiere getötet.
Die Klage richtete sich gegen den Obmann eines Tierschutzvereins. Diesem war bereits zuvor per einstweiliger Verfügung untersagt worden, zu behaupten, dass der Professor jedes Jahr mehr als 100 Puten schweres Leid zufüge, damit die Putenmastindustrie keine zu großen Verluste mache.
In einem Blog, in dem er diese Gerichtsentscheidung beschrieb, griff der Tierschützer nun aber zu weiterer Kritik am Professor. Dieser wurde mit Josef Mengele und anderen Ärzten im Dritten Reich verglichen, die an Menschen Experimente vorgenommen hatten. „Wie die Ärzte im Dritten Reich, führt er schmerzhafte medizinische Versuche an Wesen durch, unter denen diese schwer leiden, und rechtfertigt das damit, andere Wesen der selben Art dadurch schützen zu wollen. Die Situation ist völlig parallel und daher gleichermaßen zynisch und unglaubwürdig“, schrieb der Tierschützer über den Veterinärmediziner.
Ist das Ziehen dieser Parallelen rechtlich gedeckt? Ja, meinte der Tierschützer. Er habe nicht die Versuche Mengeles mit jenen des Veterinärmediziners verglichen, sondern nur eine Parallele zwischen den Rechtfertigungsgründen beider gezogen. Beide würden nämlich vorgeben, nur Gutes für die Artgenossen der Opfer zu tun.
Das Oberlandesgericht Wien erließ eine einstweilige Verfügung gegen den Tierschützer. Dieser habe dem Professor implizit eine vergleichbare ideologische Gesinnung und die gleichen Charaktereigenschaften wie Josef Mengele vorgeworfen. Zwar könnten Leser des Blogs erkennen, dass der Veterinärmediziner Tierversuche und nicht Versuche an Menschen durchführe, sodass er nicht im technischen Sinn gegen die Menschenrechte verstoßen könne. Das ändere aber nichts am Vorwurf einer Josef Mengele gleichenden menschenverachtenden Gesinnung.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte diese Entscheidung. So habe die Unterinstanz zu Recht erkannt, dass aus der bisherigen höchstrichterlichen Judikatur „nicht geschlossen werden kann, das Anliegen des Tierschutzes rechtfertige stets jeden Vergleich im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Herrschaft“. Dass das Recht auf Ehre des nicht in der Öffentlichkeit stehenden Professors höher bewertet wurde als die Meinungsfreiheit des Tierschützers, ging für den OGH (6 Ob 166/17f ) ebenfalls in Ordnung.