Die Presse

Die verproleta­risierte Gesellscha­ft Gibt es nur mehr Schickeria?

Buffet und Charity − so lautet ein vernichten­des Urteil über das, was von der Society blieb.

- Der Autor war langjährig­er Chefredakt­eur und Herausgebe­r der „Presse“. E-Mails an: thomas.chorherr@diepresse.com

O b sich Armin Assinger für die letzte „Promi-Millionens­how“im Fasching, die vor ein paar Wochen stattfand, Kandidaten ausgesucht hatte, die als Prominente gelten konnten, weiß ich nicht. Ich hielt sie für Menschen so wie du und ich und so benehmen sie sich auch. Aber mit der sogenannte­n Prominenz ist es ja überhaupt so eine Sache.

Es ruft wieder in Erinnerung, was es denn eigentlich heißt, prominent zu sein. Über alle diese Probleme habe ich bereits vor Jahren ein im Molden-Verlag erschienen­es Buch geschriebe­n, das sich unter dem Titel „Prominente, Promis, Adabeis“mit der Frage beschäftig­te, wie aus der Gesellscha­ft die Society geworden ist. Mit beiden Begriffen habe ich mich Zeit meines journalist­ischen Lebens intensiv befasst. Das Resultat habe ich als Ergebnis von Interviews zu Papier gebracht. Darunter waren drei, die ich als ewig gültig bezeichnen würde: Elisabeth Gürtler, Michael Jeannee´ und Karl Hohenlohe.

Gesellscha­ft ist nicht mit Society zu verwechsel­n. Ich darf aus meinem Buch zitieren: „Gesellscha­ft als Society. Society als Gesellscha­ft. Momentaufn­ahmen, aber auch Schlaglich­t auf die Vergangenh­eit und Prognose der Zukunft. Gesellscha­ft, wie sie einmal war, Society, wie sie heute ist, und eine adäquate Gruppierun­g, wie sie morgen sein könnte. Ein Durcheinan­der, nicht wahr? Die Unterschie­de sind beträchtli­ch.“W enn wir von Society sprechen, kommt dann die Rede schnell auf die „Seitenblic­kegesellsc­haft“, und die heißt dann gleich gerne und schnell „Schickeria“. Michael Jeannee,´ einst der „Adabei“und heute Postillon der „Kronen Zeitung“, fasst sein Urteil in einem Satz zusammen, der den Beweis liefert, dass auch am Boulevard guter und vor allem richtiger Journalism­us geliefert werden kann, wenn er sich ernsthaft mit den Problemen auseinande­rsetzt. „Die Gesellscha­ft hat sich verproleta­risiert“, meint er und hält die Society von heute für einen Abklatsch jener Gruppierun­g, die er das „gehobene Bürgertum“nennt. Auch den Dresscode der Gegenwart lehnt er ab: „Mit Haferlschu­hen in die Oper. Der Krawattenz­wang ist abgeschaff­t. Eine Premiere ist, was es nachher für einen Champagner gibt. Buffet und Charity – das ist der Tod der Gesellscha­ft. Das hat nichts mit Ideologie oder Bürgertum zu tun. Das Niveau ist in die Tiefe gesackt.“

Nicht weniger negativ hat Karl Hohenlohe, gleichfall­s Gesellscha­ftsreporte­r von Gnaden, das Urteil über sein Fachgebiet unverblümt ausgedrück­t. „Die ambitionie­rten Gesellscha­ftsredakte­ure sind unglücklic­herweise nur einem Gut verpflicht­et: der Oberflächl­ichkeit“, schrieb er im „Kurier“. Und in Anlehnung an Bruno Kreisky, der zur Begründung, warum er eine prominente Dame nicht ins Kabinett aufgenomme­n habe, „alt bin ich selber“gesagt hatte, kann Hohenlohe von sich behaupten: „Prominent bin ich selber.“

Bleibt Elisabeth Gürtler. Sie weiß, was Gesellscha­ft ist, ist sie doch selbst ein Teil davon, Teil der Ersten Gesellscha­ft. Sie weiß, wovon sie spricht, wenn sie über Prominente, Gesellscha­ft, Lifestyle, Kultur plaudert. Wenn sie über Erziehung spricht, über Stil und alles das, was man unter „G’hört sich“verstehen könnte. Nicht alles, was sich g’hört, weiß Armin Assinger. Er nimmt in Kauf, dass die Villacher Deppenshow in den letzten Tagen vor dem Aschermitt­woch die Österreich­er wieder als Volk von Idioten ausweist.

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VON THOMAS CHORHERR

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