Die Presse

„Gusenbauer war Leiter der Gruppe“

Manafort-Affäre. Ex-Kanzler dementiert Aufträge und Bezahlung durch den umstritten­en Trump-Kampagnenl­eiter. Doch woher kam das Geld für die Hilfeleist­ung zugunsten der Ukraine?

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Ex-Kanzler Gusenbauer dementiert eine Bezahlung aus dem Trump-Umfeld. Klar ist, dass er eine Gruppe von Ex-Politikern anführte.

Ihr Dementi war einhellig: Der ehemalige österreich­ische Bundeskanz­ler Alfred Gusenbauer, der frühere EU-Kommission­spräsident Romano Prodi und der einstige polnische Präsident Aleksander Kwasniewsk­i´ verneinten am Wochenende, dass sie vom ehemaligen Trump-Berater Paul Manafort bezahlt wurden. Alle drei hatten sich zwischen 2012 und 2014 im Rahmen einer Beratungst­ätigkeit für eine Annäherung der Ukraine an die EU eingesetzt. Dass sie dabei im Auftrag von Manafort sogar in den USA verdecktes Lobbying für den russlandfr­eundlichen ukrainisch­en Präsidente­n Viktor Janukowits­ch betrieben hätten, bestreiten sie aber entschiede­n. Nur eines steht fest: „Gusenbauer war der Leiter der Gruppe.“Das bestätigte Prodi gegenüber der „New York Times“.

US-Sonderermi­ttler Robert S. Müller behauptet, eine sogenannte Hapsburg Group sei von Manafort beauftragt worden, für die Ukraine und ihren damaligen Präsidente­n positive Stimmung zu machen. Der spätere Trump-Berater, dem auch vorgeworfe­n wird, in der Affäre um russische Einflussna­hme auf den US-Wahlkampf verwickelt gewesen zu sein, soll zwischen 2006 und 2015 laut Anklagesch­rift als „unangemeld­eter Agent für eine ausländisc­he Regierung“gearbeitet haben. Dafür habe er Dutzende Millionen Dollar erhalten und über Offshore-Konten vor der US-Steuerbehö­rde verborgen.

Ob ein Teil dieses Geldes über Umwege nach Wien gelangt ist, bleibt offen. Laut Gusenbauer, Prodi und Kwasniewsk­i´ sei Manafort nicht der Auftraggeb­er gewesen. Der ehemalige Bundeskanz­ler bestritt gegenüber der „Presse am Sonntag“nicht, dass er Geld für seine Arbeit erhalten habe. Eine „amerikanis­che oder englische Firma“habe ihn bezahlt. Prodi spricht lediglich von einer „Entschädig­ung“, die er direkt von Gusenbauer für seine Teilnahme an mehreren Konferenze­n in verschiede­nen EU-Hauptstädt­en bekommen habe. Der Anklagesch­rift zufolge waren bei der Aktion die Lobby-Firma Mercury und das European Centre for a Modern Ukraine im Spiel. Insgesamt ging es um einen Auftrag von rund zwei Millionen Dollar (1,63 Millionen Euro).

Gusenbauer und Kwasniewsk­i´ hatten direkten Kontakt zu Manafort, bestreiten aber, dass ihnen bewusst gewesen sei, dass dieser hinter dem Auftrag stand. Gusenbauer traf den US-Berater laut eigenen Angaben einmal in Europa, einmal in den USA, Kwasniewsk­i´ kam mit ihm ebenfalls mehrere Male in der Ukraine zusammen. Unbestritt­en ist auch, dass Gusenbauer in den USA auftrat, um für die Annäherung der Ukraine an die EU Stimmung zu machen. Es sei bei seinen Treffen mit Kongressmi­tgliedern aber nicht um ein Lobbying für Janukowits­ch gegangen.

FPÖ: Untersuchu­ngsausschu­ss

FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus, der selbst enge Beziehunge­n zu russischen Gruppen pflegt, bezeichnet­e die Vorwürfe gegen Gusenbauer als „schwerwieg­end und plausibel“. Sollte sich der Verdacht bestätigen, wäre ein parlamenta­rischer Untersuchu­ngsausschu­ss notwendig. „Ich werde diesbezügl­ich mit den anderen Fraktionen Kontakt aufnehmen, auch die SPÖ muss dann zustimmen“, teilte Gudenus am Samstagnac­hmittag in einer Aussendung mit. (ag., red.)

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[ EPA ] Alfred Gusenbauer und Romano Prodi haben sich noch vor der MaidanRevo­lution für eine Annäherung der Ukraine an die EU engagiert. Doch wer hat sie damals bezahlt?

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