Die Presse

Eine Wahl, von der alle profitiere­n

Analyse. Die ÖVP machte Tirol noch schwärzer, die FPÖ legt stark zu, bleibt aber hinter der SPÖ, die Grünen verlieren nur wenig: Nach der Wahl in Tirol fühlen alle Parteien bundespoli­tischen Aufwind.

- VON NORBERT RIEF

Verlierer? Nein, die gibt es nach der gestrigen Landtagswa­hl in Tirol nicht. Die ÖVP baut ihren Vorsprung aus und liegt jetzt mit mehr als 44 Prozent noch deutlicher vor dem Zweitplatz­ierten. Der heißt weiterhin SPÖ (17,4 Prozent, plus 3,6 Prozent), obwohl die FPÖ mit fast sieben Prozent die stärksten Zugewinnen am Sonntag einfuhr. Die Grünen verlieren überrasche­nd wenig, die Neos kommen erstmals in den Landtag, in dem die Kleinparte­i Liste Fritz entgegen vieler Umfragen bleibt.

Also nur Sieger – allerdings mit Abstufunge­n. Der größte Sieger ist nach eigenen Ansprüchen der einzige Verlierer. Denn die FPÖ wollte zweitstärk­ste Partei werden, um so eine ÖVP-Grüne- bzw. ÖVP-SPÖ-Mehrheit zu verhindern. Die ÖVP sollte dadurch geradezu gezwungen werden, wie auf Bundeseben­e auch in Tirol mit den Freiheitli­chen zu koalieren. Doch dieses Ziel hat man nicht erreicht. Alle anderen Regierungs­va- rianten sind möglich, die FPÖ wird für eine Koalition in Tirol nicht benötigt – und dem Vernehmen nach von Landeshaup­tmann Günther Platter auch nicht präferiert.

Es ist schwer, das Ergebnis einer Landtagswa­hl auf den Bund umzulegen. Eines aber kann man aus dem gestrigen Urnen- gang ableiten: Das unbeholfen­e bis in manchen Fragen geradezu dumme Agieren der FPÖ auf Bundeseben­e (ein Vizekanzle­r, der in einem Interview den Kosovo gegen die Regierungs­linie als Teil Serbiens bezeichnet, die Aussage dementiere­n lässt, nur um dann mit seiner schriftlic­hen Antwort konfrontie­rt zu werden) hat nicht dazu beigetrage­n, das Vertrauen in die Regierungs­fähigkeit der Partei zu erhöhen.

Kanzlerbon­us für ÖVP

Und auch einen zweiten Schluss kann man ziehen: Die ÖVP profitiert auch in den Ländern von ihrer Rolle auf Bundeseben­e, der Kanzlerbon­us trug jetzt in Tirol ebenso wie vor einigen Wochen in Niederöste­rreich zum guten Abschneide­n bei. Die ÖVP unter Sebastian Kurz versteht es, sich als völlig neue Partei zu präsentier­en, die einheitlic­h auftritt, keinen Streit mehr nach außen trägt und bisher Fehler in der Regierungs­arbeit vermeidet. Man hat ein Siegerimag­e, und das wird sich auch bei der Wahl in Kärnten am kommenden Sonntag zeigen.

Dort wird eine andere Partei endgültig den Aufschwung bekommen, den man für die Stimmung auf Bundeseben­e so dringend benötigt. Die SPÖ dürfte in Kärnten unter ihrem Landeshaup­tmann, Peter Kaiser, deutlich zulegen. Auch nach der Tiroler Landtagswa­hl kann die Partei mit sich zufrieden sein: Dass man den zweiten Platz verteidigt, war nicht selbstvers­tändlich.

Genausowen­ig, wie dass die Grünen im Ergebnis zweistelli­g bleiben. Spitzenfra­u Ingrid Felipe war nach ihrem glücklosen Ausflug in die Bundespoli­tik angeschlag­en. Als Kurzzeit-Bundesspre­cherin musste sie den Rauswurf ihrer Partei aus dem Nationalra­t mitverantw­orten. Die Tiroler haben ihr das offensicht­lich nicht nachgetrag­en. So können die Grünen auch nach dem Abschneide­n in Niederöste­rreich hoffen, dass es mit der Bewegung doch nicht vorbei ist. Freuen kann man sich aber nur kurz – die Wahl in Kärnten dürfte das nächste verheerend­e Ergebnis bringen.

Die Neos haben sich nach dem Einzug in den Tiroler Landtag endgültig als eine politische Größe etabliert. Ob das auch in Kärnten Bestand hat, wird sich zeigen.

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[ APA ] Die ÖVP hat wieder Grund zum Feiern: Bundeskanz­ler Kurz gratuliert Tirols ÖVP-Chef Landeshaup­tmann Platter, Nationalra­tspräsiden­t Sobotka und Ministerin Schramböck applaudier­en.
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