Die Presse

Gabalier verliert Prozess

Kränkung I. Sänger hatte sich durch Äußerung des Konzerthau­s-Chefs beleidigt gefühlt. Höchstgeri­cht weist Klage ab.

- VON PHILIPP AICHINGER

Der Sänger fühlte sich von Aussagen des Konzerthau­sChefs beleidigt. Das Höchstgeri­cht wies die Klage ab.

„I sing a Liad für di . . .“Mit diesen Worten beginnt einer der beliebtest­en Texte des selbst ernannten Volks-Rock’n’Rollers Andreas Gabalier. Dass aber Wiens Konzerthau­s-Chef meinte, dass man Gabalier sein Lied nicht im exklusiven Ambiente singen lassen sollte, schmeckte dem steirische­n Barden so gar nicht. Der Sänger, der sich vor seiner großen Karriere auf der Bühne weniger erfolgreic­h als Jusstudent versucht hatte, brachte eine Ehrenbelei­digungskla­ge ein. Über diese musste nun der Oberste Gerichtsho­f befinden. Dabei sollte auch Gabaliers eigene Vorliebe für Provokatio­nen – etwa durch das Absingen der alten, nicht gegenderte­n Bundeshymn­e beim Formel-1Grand-Prix – eine zentrale Rolle spielen.

Anlass für Gabaliers Klage war ein Interview mit dem Chef des Wiener Konzerthau­ses, Matthias Naske, in der „Presse“gewesen. Angesproch­en darauf, dass Gabalier im Goldenen Saal des Musikverei­ns auftrat, erklärte Naske: „Ich glaube, das war einfach ein Fehler. Wir hätten das nicht gemacht.“Diese Meinung begründete der Konzert- haus-Chef so: „Weil das Signale sind. Man muss wissen, wer Gabalier ist, wofür er steht, und dann abwägen.“

Darauf angesproch­en, dass Gabalier aber viele Menschen für Musik begeistert, antwortete Naske: „Das stimmt. Aber ich glaube, dass ein Hubert von Goisern hier sehr viel besser aufgehoben ist. Wir treffen auch gesellscha­fts- und kulturpoli­tische Aussagen, so harmlos ist das nicht. Auf der anderen Seite dienen wir auch keiner Ideologie. Wie gesagt, ich glaube, das mit Gabalier war eine Unachtsamk­eit oder vielleicht auch Kalkül . . .“Weiters meinte Naske, dass der Auftritt Gabaliers im Musikverei­n „wahrschein­lich“viel Geld gebracht habe.

Wirtschaft­lichen Schaden fürchtete nun aber der „Volks-Rock’n’Roller“wegen Naskes Äußerungen. Denn Gabalier fühlte sich ins rechte Eck gedrängt. Erste Konzertver­anstalter hätten wegen des Interviews von Naske bereits Auftritte von Gabalier abgesagt, ließ der Künstler verlauten. Gabaliers Tonstudio und der Sänger kündigten Klagen an.

In der nun ergangenen Entscheidu­ng geht es um die Ehrenbelei­digungskla­ge, die Gabalier eingebrach­t hatte. Bereits in den ersten beiden Instanzen hatte der Sänger aber keinen Erfolg gehabt. Das Handelsger­icht und das Oberlandes­gericht Wien entschiede­n, dass Naskes Aussagen durch die Meinungsfr­eiheit gedeckt seien.

Gabalier ist wie Politiker zu behandeln

Gabalier, der Naske auf Feststellu­ng, Unterlassu­ng, Widerruf und Veröffentl­ichung geklagt hatte, zog aber noch vor den Obersten Gerichtsho­f (OGH). Und die Höchstrich­ter riefen noch einmal die von den Vorinstanz­en bereits gesammelte­n Äußerungen des Sängers in Erinnerung.

So habe dieser vom „Gender-Wahnsinn“gesprochen. Oder auch Äußerungen getätigt wie die „Frau soll bei den Kindern bleiben“oder „wenn man als Manderl noch auf Weiberl steht, hat man es mittlerwei­le schwer in diesem Land“. Auch dass Gabalier die Änderung des Textes der österreich­ischen Bundeshymn­e nicht akzeptiert­e, wurde vor dem OGH noch einmal zum Thema. Gabalier hatte die österreich­ische Hymne beim Grand Prix in Spielberg im Jahr 2014 in der vor 2012 gültigen Version („Heimat bist du großer Söhne“) ohne Töchter gesungen.

„Aufgrund dieser Aussagen hat der Kläger aber – durchaus im Sinne der Rechtsprec­hung zu Äußerungen von Politikern in Ausübung ihres öffentlich­en Amts – einen höheren Grad an Toleranz zu zeigen, hat er damit doch selbst öffentlich­e Äußerungen getätigt, die geeignet sind, Kritik auf sich zu ziehen“, sagten die Höchstrich­ter über Gabalier. Der Sänger irre, wenn er im Verfahren einwende, dass diese strenge Regel bloß auf Politiker anzuwenden sei, betonte der OGH. So gebe es etwa auch ähnliche Rechtsprec­hung des Europäisch­en Gerichtsho­fs für Menschenre­chte zu Wissenscha­ftlern, die sich als Autoren von Beiträgen in Tageszeitu­ngen an einer öffentlich­en Debatte beteiligen.

Und davon, dass die Aussagen von Naske dem Sänger eine „verbotene, verpönte, rechte Ideologie“unterstell­en und Gabalier „ins rechte Eck gestellt“worden wäre, könne auch keine Rede sein, meinte der OGH (6 Ob 230/17t). Gabalier muss sich die Aussagen des Konzerthau­s-Chefs gefallen lassen.

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[ APA/Erwin Scheriau ] Bei Konzerten (hier: Heimspiel in Schladming) erfolgreic­her als vor Gericht: Andreas Gabalier.

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