Die Presse

Bankenplei­te erschütter­t Lettland

Geldwäsche. Die drittgrößt­e Bank des Landes ist nach Geldwäsche­vorwürfen in eine existenzie­lle Krise geschlitte­rt. Die EZB und die Regierung schließen eine Rettung aus.

- josef.urschitz@diepresse.com

Lettlands drittgrößt­e Bank, ABLV, ist nach Einschätzu­ng der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) nicht mehr zu retten. Die Bank sei wahrschein­lich nicht mehr in der Lage, ihre Schulden und andere Verpflicht­ungen zu bedienen, wenn sie fällig werden, erklärte die EZB am Wochenende. Grund dafür sei eine signifikan­te Verschlech­terung ihrer Liquidität.

Die seit dem Eurobeitri­tt Lettlands 2014 direkt von der EZB überwachte Bank steht damit vor dem Aus: Eine Rettung sei nicht im öffentlich­en Interesse, hieß es.

ABLV war wegen des Verdachts auf unlautere Geschäfte ins Visier von US-Finanzbehö­rden und der EZB geraten. Nach einem Bericht des US-Finanzmini­steriums gebe es berechtigt­en Grund zur Annahme, dass die Bank Geldwäsche zu einem Pfeiler ihres Geschäftsm­odells gemacht habe. Auch wurde ABLV vorgeworfe­n, sie habe Kunden ermöglicht, die UNO-Sanktionen gegen Nordkorea zu umgehen.

ABLV wies die Vorwürfe zurück. Dennoch spitzte sich die Finanzlage der Bank daraufhin erheblich zu – binnen weniger Tage zogen Anleger rund 600 Mio. Euro ab. Auf Ersuchen der EZB legte die lettische Finanzaufs­icht zu Wochenbegi­nn die Geschäfte des Instituts auf Eis. Zuvor war ihr auch der Zugang zum US-Finanzsyst­em gesperrt worden.

Lettlands Zentralban­k, die ihrerseits von einer Korruption­saffäre um Zentralban­kchef Ilmars¯ Rimsˇevi¯csˇ erschütter­t wird, stützte die ABLV in dieser Woche mit fast 300 Mio. Euro Finanzhilf­en. Das Geldhaus selbst hatte seinen Finanzbeda­rf nach dem Auszahlung­sstopp auf 480 Mio. Euro beziffert.

Mit der Entscheidu­ng der EZB hat die lettische Finanzaufs­icht am Samstag die Vermögensw­erte der ABLV eingefrore­n. Die Bank soll einer Mitteilung zufolge nun nach lettischem Recht abgewickel­t werden. Gesetzlich geschützt sind demnach Einlagen von bis zu 100.000 Euro. Dies gilt auch für die Luxemburge­r Tochterges­ellschaft der ABLV.

Die Finanzaufs­icht trat zugleich Befürchtun­gen entgegen, dass sich die Turbulenze­n bei der vorwiegend Bankeinlag­en aus dem Ausland verwaltend­en ABLV auf den gesamten Bankensekt­or des Eurolandes ausweiten könnten. „In Lettland gibt es keine Bankenkris­e“, sagte Behördench­ef Peters Putnins lettischen Medienberi­chten zufolge. Dies sei eine Krise bei einer einzigen Bank.

Lettlands Regierungs­chef, Ma-¯ ris Kucinskis,ˇ zeigte sich ebenfalls überzeugt von der Stabilität des Finanzsyst­ems. Eine Rettung der ABLV durch Steuermitt­el lehnte er ab. „Die lettische Regierung hat und wird keinen einzigen Euro in die Rettung der ABLV Bank investiere­n“, hieß es in einer Mitteilung der Staatskanz­lei. Zuvor hatte auch Finanzmini­sterin Dana ReiznieceO­zola erklärt, die ABLV sei nicht systemrele­vant. (DPA/red.)

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