Der neue Trend zur Wohnung als Investment
Vorsorgewohnungen. Der Markt für Ertragswohnungen boomt, im Vorjahr legte er besonders stark zu. Warum, können selbst Experten nur zum Teil erklären. Bei Preisen ab 200.000 Euro liegt die Latte aber schon recht hoch.
In Wien hat es im Vorjahr einen regelrechten Run auf Vorsorgewohnungen gegeben. Das zeigt ein Marktbericht, den der Immobilien-Spezialist EHL kürzlich präsentierte. Die Zahl der verkauften Objekte stieg demnach um 71,2 Prozent auf 950, das investierte Gesamtvolumen hat sich auf über 198 Mio. Euro mehr als verdoppelt.
Davor waren die Steigerungen wesentlich moderater, und auch für heuer erwartet der Consulter keine allzu großen Sprünge. Die „magische“Zielmarke von 1000 Einheiten dürfte erreicht werden, prognostiziert er – das wäre ein Plus von 5,3 Prozent. Beim Investitionsvolumen wird mit einem noch bescheideneren Anstieg um bloß 0,9 Prozent auf 200 Mio. Euro gerechnet.
Aber warum haben gerade im Vorjahr so viele Anleger ihr Geld in Wohnungen gesteckt? Immobilien gelten als sicherer Hafen, wenn auf den Kapitalmärkten Verunsicherung herrscht – war diese wirklich ausgerechnet im guten Börsenjahr 2017 um so viel größer als sonst? „Der genaue Grund ist nicht ersichtlich“, räumt EHL-Expertin Andrea Pöchhacker ein – zumal es auch nicht an steuerlichen Anreizen liegen kann. Diese wurden 2016 sogar etwas abgeschwächt. Ganz generell seien aber vielen Leuten die Aktienmärkte zu volatil, „sie wollen ihr Geld sicher anlegen“. Auch das heurige Jahr habe für den Vorsorgewohnungsmarkt sehr gut begonnen.
Dass Ertragswohnungen als Anlage im Trend liegen, bestätigt auch Finanzdienstleister Friedrich-Karl Ludwig. Auch er sieht darin ein Zeichen, dass die Finanzkrise immer noch nachwirkt: „Die Immobilie ist das Fluchtinvestment.“
Ludwig selbst hat sich beruflich auf Vorsorgewohnungen spezialisiert – nicht zuletzt, wie er augenzwinkernd sagt, „weil ich mir Mifid nicht mehr antun wollte“. Dass auf dem Wohnungsmarkt die Bäume weiter in den Himmel wachsen, erwartet freilich auch er nicht: „Die Kurve wird sich bald abflachen. Es gibt nicht so viele, die sich Preise ab 200.000 Euro leisten können.“
Interessenten empfiehlt er, eine Vorsorgewohnung nur als Paket zu kaufen. „Der Anbieter sollte das Vermietungsrisiko übernehmen. Oder es zumindest so gering wie möglich halten.“Wie das geht? „Lage, Lage, Lage“sei das Um und Auf, sagt Ludwig, und ebenso die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, in Wien vor allem die Nähe zur U-Bahn. Auch auf die Ausstattung der Wohnung komme es an. Von der Größe her seien 40 bis 50 Quadratmeter günstig, „ab 55 Quadratmetern wird es schwierig“. Das bestätigt auch Pöchhacker, die sogar einen Trend zu Mikro-Appartements ortet – am liebsten mit verdeckter Verbindungstür zur Nachbarwohnung. Dann kann man nämlich, je nach Bedarf, zwei Miniwohnungen zu einer größeren zusammenlegen. Für so manchen sei das ein Argument, sich gleich zwei oder mehrere anzuschaffen.
Auch nach Airbnb werde in letzter Zeit oft gefragt, sagt Pöchhacker. Damit ständige Kurzzeitvermietungen erlaubt sind, muss das im Wohnungseigentumsvertrag festgelegt sein, oder man braucht die Zustimmung aller anderen Eigentümer. Die Regelun- gen seien unterschiedlich, „manche Anbieter lehnen es ab, weil es für andere Mieter abschreckend sein kann, andere bieten es dagegen sogar als eigenen Service an und kümmern sich dann auch um die Vermietung“.
Dass der Anbieter auch die Verwaltung übernehmen soll, ist für Ludwig ganz allgemein ein wichtiges Kriterium, „sonst hat man nur Zores“. Generell sei es sinnvoll, sich bei der Auswahl von Fachleuten helfen zu lassen, die die Erfahrung des Anbieters und vor allem auch seine Bonität beurteilen können.
Und die steuerliche Seite? Diese sollte an sich nicht das Hauptargument für ein solches Investment sein. Zu beachten ist, dass es seit 2016 neue Regeln für die Abschreibung gibt: So gilt etwa die alte 80:20-Regel für die Aufteilung zwi- schen Gebäude und Grundanteil nicht mehr. Karin Fuhrmann, auf Immobilienwirtschaft spezialisierte Steuerberaterin bei TPA, verweist dazu auf die Grundanteilsverordnung, die je nach Einwohnerzahl der Gemeinde und dem Preis für baureifes Land unterschiedliche Grundanteile festlegt: „In Wien sind es 30 Prozent.“Zudem wurde der Abschreibungszeitraum für Instandsetzungen von zehn auf 15 Jahre verlängert. „Wenn man Vandalen in der Wohnung gehabt hat, kann das schon eine Rolle spielen.“
Die Möglichkeit, Verluste steuerlich geltend zu machen, gibt es nach wie vor – um sie wirklich nützen zu können, muss man allerdings bei der Lohn- bzw. Einkommensteuer in einer hohen Progressionsstufe sein. „Das war aber nie das ganz große Thema“, meint Fuhrmann. Der größte Vorteil sei ein anderer: „Dass man sich die Vorsteuer zurückholen kann.“Und zwar unabhängig davon, in welcher Einkommensteuerklasse man ist. Das Interesse an Vorsorgewohnungen sei rege, sagt auch die Steuerexpertin, „und auch sehr junge Leute sind dabei“. Gerade bei niedrigen Zinsen könne es durchaus überlegenswert sein, mit hohem Fremdmittelanteil eine Wohnung zu kaufen. Fuhrmann ortet auch daran ein steigendes Interesse.
Nach Ludwigs Erfahrungen ist es bislang allerdings nicht allzu üblich. Ganz anders als beim Eigenheim, in dem man selber wohnen will: „Das kauft jeder auf Kredit.“