Die Presse

Anleihen sind kein Selbstläuf­er mehr

Anleihen. Experte deckt Mythen auf: Inflation ist nicht tot, keine Gefahr durch Wahlen.

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In einem Punkt dürften sich die Anleger geirrt haben: Dass die Inflation tot wäre, sei einer von vielen Mythen rund um Anleihen, meint Nicholas Gartside von J.P. Morgan Asset Management. Vor allem in den USA beginnen kurzfristi­ge Inflations­kennziffer­n zu steigen, Europa dürfte nachziehen. Die Geldpoliti­k habe sich aber noch längst nicht an dieses veränderte Umfeld angepasst. Irgendwann werde sie das tun, auch in Europa werden die Zinsen steigen.

Für Anleihen, deren Renditen in Europa vielfach im negativen Bereich liegen, wäre das ein ungünstige­s Umfeld: Steigende Zinsen führen zu steigenden Anleiheren­diten, die wiederum fallende Kurse bedeuten. In einem anderen Punkt sind die Investoren nach Meinung von Gartside aber zu besorgt: Die zahlreiche­n Wahlen – weltweit stehen heuer 84 an – dürften eher keine Folgen für die Finanzmärk­te auf breiter Ebene nach sich ziehen.

Auch schaut es nicht nach einer Kreditblas­e aus: Die operativen Unternehme­nskennzahl­en machten einen robusten Eindruck, zu einer Ausfallswe­lle bei Firmenanle­ihen dürfte es daher nicht kommen. Eine Gefahr wäre, wenn die Wirtschaft in eine Rezession rutscht (danach sehe es derzeit nicht aus), eine andere, dass das Geld falsch eingesetzt wird. Ein Warnzeiche­n dafür wäre etwa die massive Zunahme von Übernahmen und Fusionen.

Ein weiterer Mythos sei, dass Schwellenl­änder eine einzige Anlageklas­se wären. Grundsätzl­ich seien Länder mit hohen realen Renditen, die noch Potenzial für Zinssenkun­gen haben (Russland, Indonesien), vorzuziehe­n.

Wichtig ist vor allem eines: Regelmäßig­e Zinserträg­e aus Anleihen darf man sich nicht mehr erwarten. Um positive Erträge zu erzielen, müsse man derzeit Kursgewinn­e erzielen und Kursverlus­te vermeiden. Anleger müssten selektiv vorgehen, wenn sie langfristi­g erfolgreic­h sein wollen. (b. l.)

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