Die Presse

Hofburg-Wahl: Journalist­ischer Vorwurf gegen FPÖ ging zu weit

Kränkung II. In einem Kommentar darf ein Redakteur nicht behaupten, die Partei könnte Verletzung­en der Wahlordnun­g provoziert haben.

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Darf man als Journalist den Verdacht äußern, dass die Freiheitli­chen rund um ihren damaligen Kandidaten Norbert Hofer die Anfechtung der Hofburg-Wahl 2016 provoziert haben? Diese Frage musste der Oberste Gerichtsho­f (OGH) im Streit der FPÖ mit einer Tageszeitu­ng klären.

Es ging um einen Blog, der nach dem endgültige­n Wahlsieg von Alexander Van der Bellen im Dezember 2016 auf der Website der Zeitung erschien. Van der Bellens erster Sieg in der Stichwahl gegen Hofer war vom Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) noch annulliert worden, weil nach einer Anfechtung durch die FPÖ Verstöße bei der Auszählung der Wahlkarten festgestel­lt wurden. In weiterer Folge meldete sich der Verfassung­srichter Johannes Schnizer medial zu Wort. Und äußerte den Verdacht, dass ein Wahlwerber „bereits vor der Stichwahl die Wahlanfech­tung aufgrund von Mängeln bei vorangegan­genen Wahlen vorbereite­t“habe.

In dem Blog schrieb nun der Journalist, dass die „150-Seiten-Anfechtung­sschrift nicht erst nach dem Wahltag verfasst wurde“. Und er hielt fest: „Im Raum wird weiters der unbestätig­te Verdacht stehen bleiben, dass die FPÖ die Verletzung­en der Wahlordnun­gen durch ihre eigenen Beisitzer nicht nur geduldet, sondern sogar provoziert hat“.

Die Freiheitli­chen, die auch gegen Schnizer vorgingen (diesfalls wurde ein Vergleich geschlosse­n), klagten die Zeitung auf Unterlassu­ng und Widerruf. Die Äußerungen seien ehrenbelei­digend und kreditschä­digend. Neben Hofer traten Parteichef Heinz-Christian Strache sowie die Partei als solche in der Klägerroll­e auf.

Vorwurf einer möglichen Straftat

Das Handelsger­icht Wien wies die Klage ab. In der politische­n Auseinande­rsetzung sei der freien Meinungsäu­ßerung ein weiter Spielraum zu gewähren. Das Oberlandes­gericht Wien gab dem Unterlassu­ngsbegehre­n hinsichtli­ch der Behauptung, die FPÖ hätte die Mängel bei der Wahl nicht nur geduldet, sondern sogar provoziert, statt. Denn das könne man so verstehen, dass die FPÖ versucht habe, den Wahlgang durch Beeinfluss­ung ihrer Wahlbeisit­zer zu manipulier­en, was sogar strafrecht­lich relevant sein könnte.

Der OGH bestätigte das Urteil. Der Vorwurf der Wahlmanipu­lation beeinträch­tige die Wertschätz­ung von Politikern. „Der insoweit völlig unbelegte Vorwurf einer Wahlmanipu­lation ist dem demokratis­chen Diskurs nicht förderlich, sondern in hohem Maße abträglich“, sagte der OGH (6 Ob 162/17t).

Nicht kam der OGH dem Wunsch der FPÖ nach, weitere Teile des Texts zu rügen. So sei die Behauptung, dass die Wahlanfech­tung vorbereite­t gewesen sei, nicht ehrenbelei­digend. Man könne als Partei ja ruhig Vorbereitu­ngen für die Bekämpfung eines rechtswidr­igen Verhaltens treffen. (aich)

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