Die Presse

Kinderfrei­betrag erhöht Unterhalt

OGH-Urteil. Höchstgeri­cht zwingt Unterhalts­pflichtige, Steuervort­eil weiterzuge­ben.

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Wem kommt der mit der Steuerrefo­rm 2015 erhöhte Kinderfrei­betrag zugute: dem Elternteil, der ihn geltend macht, oder dem Kind? Diese Frage musste der Oberste Gerichtsho­f (OGH) interessan­terweise erst jetzt klären, obwohl es einen Kinderfrei­betrag schon seit der Steuerrefo­rm 2009 gibt.

Der Streit war zwischen der Tochter getrennt lebender Eltern und ihrem unterhalts­pflichtige­n Vater entbrannt. Genauer sollte man sagen, dem geldunterh­altspflich­tigen Vater, denn auch die Mutter muss für ihre Tochter sorgen. Nur tut sie es, indem sie das Kind bei sich wohnen lässt und es betreut.

Die Tochter wiederum muss sich die Transferle­istungen, die ihre Mutter für das Kind bezieht (Familienbe­ihilfe und Kinderabse­tzbetrag), auf ihren Unterhalts- anspruch anrechnen lassen. Strittig war jedoch, ob anderersei­ts der Kindesunte­rhalt zu erhöhen ist, weil der Vater den Kinderfrei­betrag in Anspruch nimmt. Je nach Einkommens­höhe liegt die Steuerersp­arnis zwischen 6,25 und 13,75 Euro pro Monat. In dem konkreten Streit ging es um neun Euro monatlich.

Das Bezirksger­icht Ried im Innkreis bejahte die Frage und erhöhte den monatliche­n Unterhalt um diesen Betrag. Das liege „unzweifelh­aft mehr im Interesse des Kindes“. Das Landesgeri­cht Ried im Innkreis widersprac­h hingegen der Entscheidu­ng, ließ aber einen Revisionsr­ekurs zur Klärung der Rechtslage durch den OGH zu.

Angesichts der – gegenüber ursprüngli­ch durchschni­ttlich fünf Euro pro Monat – deutlich erhöh- ten Steuerersp­arnis und der Vielzahl an Betroffene­n hielt auch der OGH eine Stellungna­hme für notwendig. Zumal das Landesgeri­cht Salzburg es in einem anderen Verfahren für vertretbar gehalten hatte, auf eine Kürzung der Anrechnung von Transferle­istungen zu verzichten: So groß sei die Auswirkung des Kinderfrei­betrags auch wieder nicht, hatte das Salzburger Gericht gemeint.

Das kann das Höchstgeri­cht nicht finden: „Der Oberste Gerichtsho­f schließt sich deshalb der von der überwiegen­den Literatur vertretene­n Auffassung an, dass der sich aus der Anrechnung der Transferle­istungen ergebende Kürzungsbe­trag jedenfalls um die Steuerersp­arnis durch den Kinderfrei­betrag zu reduzieren, der Kindesunte­rhalt somit um diese Steuerersp­arnis zu erhöhen“ist (6 Ob 240/17p). (kom)

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