Die Presse

Ein Zweitversu­ch mit dem Rhein an der Donau

In Budapest spielt man gerade Jacques Offenbachs „Rheinnixen“, ein Werk, das eine Wiener Bringschul­d wäre. Flüsse und Nymphen singen auch in Ungarn mit Vorliebe auf Deutsch.

- E-Mails an: wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

Als sich in Wien der Vorhang über eine Händel-Premiere hob, gab man im Budapester Erkel-Theater ein Werk, das eng mit der wienerisch­en Geschichte verbunden ist: Offenbachs „Rheinnixen“.

Das Stück hat in Wien 1864 seine Uraufführu­ng erlebt – und fiel rettungslo­s durch. Nein, nicht rettungslo­s, es galt aber für lange Zeit als unaufführb­ar. Erst in der jüngsten Vergangenh­eit, nach einer Neuedition der Partitur im Jahr 2002, wagten sich einige Häuser an das Stück, Laibach beispielsw­eise, wo die „Rheinnixen“beinah Repertoire­status erlangten.

Allein, das französisc­hsprachige Original ist bis heute nirgendwo erklungen. Man gibt allseits die damals für Wien erstellte deutschspr­achige Version. Nun mag es logisch erscheinen, dass Rheinnixen ihre betörenden Gesänge auf Deutsch (zu den Klängen der später in „Hoffmanns Erzählunge­n“verwertete­n Barcarole!) verströmen; doch die Selbstvers­tändlichke­it, mit der unsereins das anzunehmen geneigt ist, zeigt schon den Konflikt, an dem Offenbach einst scheiterte.

Er, der in Deutschlan­d geborene Jude, galt als Inbegriff der französisc­hen Kultur, die dank seiner frechsprit­zigen Operetten die Welt eroberte und in Wien zum Ideengeber für Johann Strauß und Co. wurde.

Die „Rheinnixen“freilich wurden von allen Seiten scheel angesehen: Die Deutschnat­ionalen hielten es nicht aus, dass ausgerechn­et Offenbach eine Rhein-Oper inklusive „deutschen Vaterlands­lieds“(!) komponiert hatte, die im Hofopernsp­ielplan noch dazu ausgerechn­et den Premierenp­latz einnahm, der für Wagners „Tristan“vorgesehen war, den die Kräfte des Hauses nicht gestemmt hatten.

Kritiker Eduard Hanslick, musikalisc­h Offenbach mehr geneigt als Wagner, goss Öl ins Feuer und meinte: Für den deutschen Rhein sei der elegante französisc­he Stil ungeeignet . . .

Jetzt spielen die Ungarn das Stück. Wie immer die Premiere gelungen sein mag, ist das eine (Zeit-)Reise nach Budapest wert (Aufführung­en: 1. und 2. März). Ob Wien dann im Offenbach-Jahr 2019 die Ehrenrettu­ng gelingt – auf Französisc­h?

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VON WILHELM SINKOVICZ

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