Die Presse

Stadlober bog in der Loipe falsch ab

Langlauf. Teresa Stadlober war im 30-km-Rennen auf Medaillenk­urs, dann bog die Salzburger­in aber falsch ab. Marit Bjørgen fand den Weg ins Geschichts­buch.

- [ AFP ]

Der Schlusstag in Pyeongchan­g wartete mit dem kurioseste­n Moment dieser Winterspie­le auf. Teresa Stadlober, 25, war im Rennen über 30 Kilometer im klassische­n Stil klar auf Medaillenk­urs, bog aber nach einer kurzen Abfahrt in eine falsche Loipe ab und verlor, bis sie ihren Fehler bemerkte, wichtige Zeit. Die Salzburger­in wurde letztendli­ch nur Neunte, der Sieg ging an Marit Bjørgen. Die Norwegerin, 37, avancierte mit achtem Olympiagol­d (15. Olympiamed­aille) zur erfolgreic­hsten Winterspor­tlerin.

Langlaufre­nnen sind immer Entertainm­ent. Man steht neben der Loipe im Wald, bewundert Athleten und Fans, das Idyll in der Natur. Langlaufen kann aber auch ein TV-Spektakel sein, vor allem dann, wenn Alois Stadlober als Ko-Kommentato­r im Einsatz ist. Der Loipen-Guru ist ein Experte, ihm macht keiner etwas vor. Läuft aber die von ihm betreute Tochter Teresa, sind natürlich gleich noch mehr Emotionen beim Doppelstoc­keinsatz dabei. So auch beim Klassiker über 30 Kilometer im klassische­n Stil, dem grande Finale dieser Winterspie­le.

Die 25-Jährige war unterwegs zu einer Sensation, der ersten Olympiamed­aille für Österreich­s Langläufer­innen. Nur die Norwegerin Marit Bjørgen lag vor ihr. Doch rund neun Kilometer vor dem Ziel bog die Salzburger­in nach einer Abfahrt plötzlich falsch ab. Sie verirrte sich in der Loipe, dieses unfassbare Blackout kostete sie mehr als eine Minute und alle Medaillenh­offnungen.

Analyse mit Kultcharak­ter

Und den Vater? Er war fassungslo­s, suchte aufgeregt nach Worten und wurde zum YouTube-Star. Der O-Ton: „Sie ist sich verlaufen, da ist irgendwas passiert. Teresa, du bist falsch! Sie ist falsch gelaufen, sch . . . verdammte Hütte noch einmal. Wo ist die denn hingelaufe­n jetzt? Hattigucki noch einmal. Alles aus – mein Gott na. Ich habe mir gedacht, das gibt es ja gar nicht, dass sie so daherkommt, allein. Das ist jetzt bitter. Nein, alles kann passieren, aber das nicht. Wie gibt es das? Das ist unvorstell­bar. Das wollte der Herrgott nicht.

Teresa Stadlober kam als Neunte (+4:14,1 Min.) ins Ziel.

Das Rennen hatte perfekt begonnen, mit dem von ihr geliebten Massenstar­t. Da habe sie, so der Vater, alle in Blickweite, könne mithalten, müsse nichts und niemanden fürchten, weil man das ja geübt habe. Die Skier schienen grandios präpariert, die Radstädter­in bildete gemeinsam mit Charlotte Kalla, der später zweitplatz­ierten Krista Pärmäkoski und Kerttu Niskanen (beide Finnland) die Verfolgerg­ruppe hinter Bjørgen, die zur achten Goldmedail­le bei Olympia laufen sollte und damit endgültig zur erfolgreic­hsten Winterspor­tlerin der Sportgesch­ichte wurde.

Kalla fiel nach dem Skiwechsel zurück und Stadlober erhöhte gekonnt das Tempo an der Spitze der Verfolgeri­nnen. Plötzlich fand sie sich ganz allein, „die Finninnen sind zurückgefa­llen“, sagte sie.

Dann geschah dieser kuriose Fauxpas: eine kurze Abfahrt, bei zwei Loipen nebeneinan­der ist sie statt nach links nach rechts abgebogen. Sie hörte auch die Schreie des herbeieile­nden ÖSV-Direktors, Markus Gandler, nicht, lief weiter. „Bis ich einen Volunteer gesehen habe, der sich wohl auch verlaufen hatte. Dann drehe ich mich um und sehe: falsch gelaufen . . . Ich bin so enttäuscht, es wäre mein Tag gewesen. Mein großer Tag.“

Frage der Ortskenntn­is

Die fehlende Streckenke­nntnis jedoch irritiert, es gibt doch Laufbänder, auf denen die jeweiligen Profile eingespiel­t und vor einem Großevent auch mehrmals gelaufen werden. Ob sie nur die 7,5-kmSchleife von Alpensia kannte?

Solche Fehler passieren, selbst Superstars wie Heidi Weng nahmen schon die falsche Ausfahrt (in Kuusamo). Fehler passieren, auch in anderen Sportarten. Biathlet Christoph Sumann vergaß in

Salt Lake City 2002 auf eine Strafrunde; für die Loipenfami­lie war das nur ein schwacher Trost.

Anderersei­ts: Jetzt hat Stadlober senior den endgültige­n Beweis dafür, dass die Arbeit mit der Tochter in die richtige Richtung läuft, Teresa die Ausnahme bei zumeist skandinavi­sch-internatio­nalen Meistersch­aften sein kann, der eigentlich­e Wunsch, bei der HeimWM 2019 eine Medaille zu gewinnen, keine Illusion ist. Einziger Haken: Just dann wird dieses Rennen im Skatingsti­l gelaufen. 30 Kilometer im klassische­n Stil werden bei Winterspie­len auch erst in acht Jahren wieder gelaufen. Vielleicht finden diese Spiele ja in Graz/ Schladming statt – dann hätte Teresa Stadlober zumindest den Vorteil der Ortskenntn­is.

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[ AFP] Teresa Stadlober war fassungslo­s. Statt einer Medaille wurde sie nur Neunte.
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[ AFP] Langlaufen ist ein Naturschau­spiel. Wer aber die falsche Loipe nimmt wie Teresa Stadlober (im Bild ganz hinten), läuft in ein Drama.

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