Reportage vom Wahltag in Tirol
Tirol-Wahl. Die ÖVP übertrifft ihre Erwartungen, die Grünen halten ihre Verluste in Grenzen, die SPÖ landet überraschend vor der FPÖ auf Platz zwei, beide legen kräftig zu.
Wenn der Jubel ausbricht, noch bevor der schwarze Balken der ersten Hochrechnung kurz nach 17 Uhr ganz nach oben gefahren ist, kann das nur eins bedeuten: Die im Laufe des Nachmittags eingetrudelten Ergebnisse aus kleineren Gemeinden lassen einen derart eindeutigen Trend erkennen, dass ein Wahlerfolg der ÖVP auch ohne erste Resultate aus Innsbruck so gut wie sicher ist.
Entsprechend ausgelassen war die Stimmung im Büro des Landeshauptmanns Günther Platter im Landhaus, wo neben der Führungsriege der Tiroler ÖVP unter anderem auch Bundeskanzler Sebastian Kurz und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka eingetroffen waren. Anschließend wurde im Medienbereich im Erdgeschoß des Landhauses, wo sich ÖVP-Mitglieder mit Plakaten aufhielten, eifrig telefoniert und Textnachrichten verschickt, um einander zu beglückwünschen – mit strahlenden Gesichtern, die abwechselnd auf die Monitore mit den Hochrechnungen und einander ansahen. Das gleiche Bild war in einem Innenstadtlokal zu beobachten, wo sich einige Dutzend ÖVP-Anhänger versammelt hatten, um zu feiern. Denn mit voraussichtlich 44,3 Prozent der Stimmen (2013: 39,4 Prozent) hat die Volkspartei das von Platter (geschickt nicht besonders hoch) gesteckte Ziel von 40 Prozent nicht nur erreicht, sondern klar übertroffen. Und sich damit in eine ausgesprochen angenehme Lage für Koalitionsverhandlungen gebracht. „Wir haben ein sensationelles Ergebnis erreicht. Das bedeutet für mich eine große Motivation für die nächsten fünf Jahre“, sagte Platter in einer ersten Reaktion.
Unter ihren Erwartungen blieben trotz eines beachtlichen, stark auf Inhalte (Wohnen, Transit, Umwelt) setzenden Wahlkampfs die Grünen, die seit fünf Jahren Juniorpartner in der Regierung sind. Sie verloren leicht und landeten bei 10,7 Prozent (2013: 12,6 Prozent). Bei einem Ergebnis unter zehn Prozent stehe man wegen der schwachen Verhandlungsposition für eine Fortsetzung der Koalition nicht mehr zur Verfügung, hatte Landeshauptmann-Stellvertreterin und Kurzzeit-Bundessprecherin Ingrid Felipe im Vorfeld wiederholt betont.
Dieses Minimalziel wurde also erreicht, sodass davon auszugehen ist, dass Felipe und Klubobmann Gebi Mair, auf grüner Seite die Architekten von Schwarz-Grün und Vertrauensleute von Platter, nichts unversucht lassen werden, damit Schwarz-Grün II zustande kommt. Felipe sprach am Sonntagabend jedenfalls schon von einem „Achtungserfolg“. Nun sei Platter am Zug.
Starke Zuwächse für SPÖ
Den freien Fall gestoppt und eine überraschend deutliche Trendwende geschafft hat die in den vergangenen Jahren in internen Streitereien versunkene SPÖ trotz eines von vielen belächelten Wahlkampfs („Freu dich Tirol – Die neue SPÖ ist da“) und einer eher unmotiviert wirkenden Spitzenkandidatin Elisabeth Blanik. Die Lienzer Bürgermeisterin hatte die Partei im Oktober 2016 in einem desolaten Zustand übernommen und zuletzt personell auf komplett neue Beine gestellt. Mit einem kräftigen Plus kamen die Sozialdemokraten auf 17,2 Prozent (2013: 13,7 Prozent), dürften damit auf Platz zwei landen und sind nun neben den Grünen und der FPÖ ein weiterer möglicher Koalitionspartner für die ÖVP. Diese Variante wäre alles andere als ein – von Platter im Wahlkampf ausgeschlossenes – Experiment, haben die beiden Parteien doch vor ihrem Krach 2013 jahrzehntelang zu-
Wir haben ein sensationelles Ergebnis erreicht. Das motiviert mich für die Zukunft. Günther Platter Landeshauptmann